Borussia Mönchengladbach Zwei Fohlen für die Weide

Mönchengladbach · Mamadou Doucouré und László Bénes sind beide 18 Jahre alt. Borussia Mönchengladbach hat sie geholt für die Zukunft. Die soll natürlich möglichst bald beginnen.

Laszlo Bénes – der zweite Slowake bei Borussia Mönchengldabach nach Igor Demo
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Das ist Laszlo Bénes

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Foto: Dirk PŠffgen/Dirk Paeffgen (dirk)

Bénes hat Schwächen. Manchmal, wenn er den Ball verliert, foult er. Und manchmal spielt er den Ball nicht schnell genug ab, ist zu eigensinnig. Das kann dem Team Probleme bereiten. So ist es nachzulesen in einem Exposé von "D'Alessandro Scouting" über den Mittelfeldmann, den Borussia dem slowakischen Erstligisten MSK Zilina abgekauft hat. Er war der letzte Zugang für diese Saison, das "Top-Talent", das Sportdirektor Max Eberl noch angekündigt hatte. Dass der schmale Kerl, den sie in seiner Heimat als "Mini-Messi" mit einem nicht unerheblichen Etikett versehen haben, noch Mängel hat, ist logisch. Mit 18. So alt ist der Bursche. Ein echtes Fohlen also: jung, wild, ungestüm, noch unfertig. Ein Fohlen für die Weide.

In dem Exposé über Bénes werden natürlich, und viel ausführlicher, auch seine Vorzüge aufgelistet. Ein Achter sei er, zudem ein Zehner, für die Sechs fehlt noch ein wenig die defensive Disziplin, aber das kann noch kommen. Sein linker Fuß ist sehr begabt, er hat Spielmacherqualitäten, ist sehr kreativ und trickreich. Und er ist laufstark. Einer von dem Schrot und Korn, wie sie Borussia passen. Hier soll er seine Qualitäten weiter entfalten, sie schärfen. Wer den jungen Mann auf dem Trainingsplatz sieht, weiß: Der Ball ist sein Freund. Und wer sich im Internet ein Video mit ihm als Hauptdarsteller anschaut, der sieht: Bénes hat ein Auge für den finalen Pass, er hat Zug zum Tor und weiß, wie der Abschluss geht. Er ist einer, der vieles spielen kann in der Vorwärtsbewegung.

Mamadou Doucouré im Porträt: Bei Borussia Mönchengladbach seit 2016
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Das ist Mamadou Doucouré

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Foto: Dirk PŠffgen/Dirk Paeffgen (dirk)

Mamadou Doucouré ist für das Gegenteil zuständig. Er ist ebenfalls 18 und ein Fohlen für die Weide. Aber Doucouré ist Abwehrspieler. Und zwar einer von der richtig guten Sorte, heißt es. Es gibt sogar Menschen, die sagen: Es ist an sich schon eine Sensation, dass die Borussen dieses Talent bekommen haben. Paris Saint-Germain, der französische Ausnahmeklub, hätte ihn auch gerne behalten, doch entschied sich Doucouré für die Bundesliga und Borussia. "Ich hatte eine super Zeit in Paris, eine tolle Ausbildung. Aber ich wollte etwas Neues machen. Die Bundesliga ist die beste Liga Europas, da wollte ich hin", sagt Doucouré.

U17-Europameister

Was er drauf hat, bekam die deutsche U17-Mannschaft schon zu spüren. Schließlich half er dem französischen Nachwuchs bei der Europameisterschaft 2015 gegen das DFB-Ensemble im Endspiel zum Titelgewinn mit unnachgiebigem und gekonntem Defensivspiel. Künftig will er mit Gladbach Erfolge feiern. Allerdings konnte er seine Talente bislang nicht einbringen, denn ein Muskelbündelriss, den er aus Paris mitgebracht hat, hielt ihn von der Arbeit ab. Er lernt, was junge Spieler mithin auch brauchen: Geduld haben.

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Foto: dpa/Marius Becker

Doch Doucouré weiß auch, dass die Perspektive, die er sich erhofft in Mönchengladbach, nicht nur eine Mär ist. Es ist inzwischen in der Szene bekannt, dass die Grenzen nach oben in Gladbach durchlässig sind für Qualitätsspieler. Borussia steht dafür, Talente früh zu finden, das Potenzial zu erkennen, es zu entwickeln und sie zu fertigen Bundesliga- Spielern zu machen. Das kann zuweilen sehr schnell gehen. Nico Elvedi (19) ist ein gutes und aktuelles Beispiel. Er kam in der vergangenen Saison aus Zürich, auch er sollte einer für die Weide sein. Doch dann gab es personelle Engpässe — und schwups war Elvedi Stammspieler. Weil er da war. Weil er bereit war. So war es auch bei den 20-Jährigen: Andreas Christensen und Mo Dahoud, dem Eigengewächs, das in der vergangenen Saison den Durchbruch schaffte.

"Diese Spieler müssen Vorbilder für die Youngster sein", sagt Eberl. Dabei sind sie kaum älter. Aber eben schon den Schritt weiter. Bereit sein, wenn die Chance kommt, das will jeder der jungen Männer sein, die mithin als Zukunft des Klubs ausgemacht werden. Wann sie beginnt, ist schwer zu definieren. Die Umstände spielen eine Rolle. Und die Entwicklung. Trainer André Schubert jedenfalls ist einer, der nicht auf jung oder alt setzt, sondern auf gut. Da hat jeder seine Chance.

Weiterentwicklung von Talenten ein lukratives Geschäftsmodell

Sportdirektor Max Eberl hat die Weiterentwicklung von Talenten auch als lukratives Geschäftsmodell ausgemacht. Marco Reus kam 2009 für nicht ganz eine Million Euro von LR Ahlen und wurde 2012 für 17,5 Millionen Euro an Dortmund verkauft. Marc André ter Stegen, einer aus dem eigenen Stall von frühester Jugend an, war dem FC Barcelona 2014 zwölf Millionen wert, hinzu kommen Zuschläge bei Erfolgen und weiteren Transfers. Granit Xhaka kam 2012 für neun Millionen Euro und wechselte nun für 45 Millionen Euro zum FC Arsenal London. Das nächste Fohlen, das mit enormer Wertsteigerung veräußert werden könnte, könnte Mo Dahoud sein.

Jedes verkaufte Talent tut sportlich weh. Doch Eberl und Borussia haben sich damit abgefunden, dass es immer wieder so war und weiter so sein wird. Es gibt immer Klubs, die in der Nahrungskette weiter oben stehen. Aber die sind bereit, mehr und mehr zu zahlen für gute junge Leute. So macht man im Borussia- Park aus dem Problem eine Tugend. Und ein bisschen ist Gladbach dabei wie eine Hydra: Für ein Talent, das geht (nun Xhaka), kommen zwei Neue (nun Bénes und Doucouré). Und weitere aus dem eigenen Nachwuchs. Wie Tsy William Ndenge oder Ba-Muaka Simakala.

Während sich Doucourés Erfahrungen im Seniorenbereich auf einige Trainingseinheiten mit dem namhaften Erstliga-Kader beschränken, hat Bénes bereits einige Ernstfall-Erfahrung gesammelt. "Obwohl László erst 18 Jahre alt ist, hat er schon eine komplette Saison im Seniorenbereich und als 17-Jähriger bereits acht Spiele in der Europa League gemacht", sagt Max Eberl. In Zilina war Bénes schon wer, nun muss er sich erst einmal hinten anstellen. Richtig leicht fällt das nicht immer, siehe Granit Xhaka. Er war beim FC Basel schon ein Star und kam mit der Rolle als Lehrling in Gladbach zunächst nicht zurecht. Xhaka galt schon als Fehleinkauf. Dann fand er seinen Weg und ging ihn konsequent. Xhaka verließ Gladbach als Kapitän und Anführer.

Doucouré hat sich bewusst für Borussia entschieden

Nicht jedes Talent schafft den großen Durchbruch bei Borussia. Wie Branimir Hrgota, der nun für Frankfurt spielt. Oder Marlon Ritter, der zu Fortuna Düsseldorf wechselte. Aber die Erfolgsquote ist hoch. Das hat Magnetwirkung. Mamadou Doucouré hatte auch andere Optionen, doch er sagte bewusst "ja" zur Liaison mit Borussia. In Paris hat er zumindest im Training schon mit einem der ganz Großen des Fußballs zu tun gehabt: Zlatan Ibrahimovic. Es war ein Erlebnis für Doucouré, gegen den großen Schweden anzutreten. Er hatte Respekt, wagte es nicht, ihn zu foulen. Aber er hatte keine Angst. Die hat er auch nicht vor seiner neuen Herausforderung. Er freut sich darauf. Und hofft, schon bald auf der Weide zu sein. Mindestens.

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