Borussia Mönchengladbach Patrick Herrmann und andere Härtefälle

Fussball · Der Flügelstürmer stand in der vergangenen Saison in allen Bundesligaspielen auf dem Platz. Aktuell ist der 23-Jährige nur Reservist. Die Routiniers Filip Daems und Roel Brouwers waren bisher nicht einmal im Kader.

 Gemütlich sind die Sitzgelegenheiten auf Borussias Ersatzbank sicherlich, doch fühlt man sich darauf nicht sonderlich wohl: Patrick Herrmann (l.), hier neben Weltmeister Christoph Kramer, ist das durchaus anzusehen.

Gemütlich sind die Sitzgelegenheiten auf Borussias Ersatzbank sicherlich, doch fühlt man sich darauf nicht sonderlich wohl: Patrick Herrmann (l.), hier neben Weltmeister Christoph Kramer, ist das durchaus anzusehen.

Foto: Dieter Wiechmann

Es war schon beeindruckend, was Borussias Trainer Lucien Favre in der Schlussphase des Spiels gegen den VfB Stuttgart noch aufs Spielfeld schickte, um die Heimniederlage zu verhindern. Weltmeister Christoph Kramer kam herein, zudem der WM-Teilnehmer Fabian Johnson und auch der beste Torschütze der belgischen Liga der vergangenen Saison, Thorgan Hazard. Das Trio brachte neuen Schwung und letztlich schaffte Kramer noch das 1:1. "Wir haben viele gute Spieler im Kader", sagte Hazard. Er ist einer von fünf Neulingen, mit denen Borussia sich qualitativ breiter aufgestellt hat. Das bedeutet indes für den einen oder anderen Arrivierten, dass er sich mit einer bislang unbekannten Situation anfreunden muss: Auf der Bank zu sitzen - oder gar auf der Tribüne.

Patrick Herrmann verpasste in der vergangenen Spielzeit keine Bundesliga-Partie. Bei allen 34 Ligaspielen gehörte der Flügelstürmer zur Startelf. Skurril war, dass in er 29 Fällen nicht bis zum Ende dabei war. Doch über die Rolle des Auswechselkönigs wäre Herrmann derzeit froh. Denn wer ausgewechselt wird, steht zunächst mal zu Beginn auf dem Rasen - das gab es bei Herrmann noch nicht in dieser Saison. Zweimal wurde er eingewechselt: beim Pokalspiel in Homburg nach 70 Minuten und dann beim Europa-League-Play-off nach 46 Minuten. Es gab nicht wenige, die vermuteten, dass er am Sonntag gegen den VfB Stuttgart anfangen würde. Doch Herrmann kam gar nicht zum Einsatz. Statt seiner war Fabian Johnson der, der für den aktuell ersten Mann auf der rechten Seite, André Hahn, ins Spiel kam.

Seit 2011 war das Eigengewächs nahezu konkurrenzlos auf der Außenbahn. Von 102 Bundesligaspielen verpasste er nur neun. Und nun war er am Sonntag die Nummer drei auf der rechten Außenbahn. So trabte Herrmann unverrichteter Dinge zurück auf die Bank, nachdem klar war, dass Lucien Favre sein Wechselpotenzial ausgeschöpft hatte und er nicht mehr reinkommen würde. Gestern fehlte Herrmann beim Training. Er war bei Teamarzt Dr. Heribert Ditzel, weil er Halsschmerzen hatte. Dies sicher nicht, weil nicht spielen durfte. Doch zufrieden ist Herrmann mit seiner aktuellen Rolle nicht.

Das gilt auch für Filip Daems (35) und Roel Brouwers (32). Die beiden Langzeit-Borussen - Daems kam im Januar 2005, Brouwers im Sommer 2007 - spielen derzeit gar keine Rolle in Favres Plänen. Daems war noch nicht einmal im Kader - und Brouwers nur im erweiterten Aufgebot für das Sarajevo-Spiel. In den 18er-Kader schaffte es der Niederländer nicht. "Wir haben mit Roel und Filip ja unter dieser Prämisse die Verträge verlängert. Beide sind sehr erfahrene Spieler, die viel für Borussia geleistet haben. Wir haben beiden aber offen gesagt, dass es für sie unter Umständen schwer werden kann, da wir in dieser Spielzeit eine verschärfte Konkurrenzsituation haben", sagte Sportdirektor Eberl zuletzt. Doch das Wissen um eine mögliche Situation, und die Situation dann zu erleben, das ist etwas anderes.

Brouwers hat plötzlich nicht nur Martin Stranzl, Tony Jantschke und Alvaro Dominguez vor sich, sondern auch den jungen Marvin Schulz. Der spielte sich in der Vorbereitung in den Vordergrund und war nun stets der Ersatzverteidiger in Favres Aufgebot. Hinten Links, wo Daems spielt, war in den letzten beiden Spielen Alvaro Dominguez erste Wahl, er kam in Sarajevo für Oscar Wendt ins Team. Nun gegen Stuttgart bereitete Dominguez das 1:1 nach Ibrahima Traorés Zuspiel mit einem schönen Flankenlauf nebst punktgenauer Vorlage für Kramer vor. Daems ist im "linken" Ranking nur der dritte Mann - das reicht nicht für einen Kaderplatz.

Herrmann (150 Spiele für Borussia), Daems (232), Brouwers (176) sind drei Härtefälle, Thorben Marx (113) kennt das Gefühl, nicht dabei zu sein, schon aus der Vorsaison. Schon da war er kaum mal im Kader. Die, die jetzt hinten dran sind, müssen darauf hoffen, dass die jetzt privilegierten Konkurrenten am Donnerstag den Einzug in die Gruppenphase der Europa League schaffen. Das würde mehr Spiele bedeuten - und damit würde die Wahrscheinlichkeit steigen, dass Lucien Favre im Saisonverlauf die ganze Breite des Kaders nutzen wird. "Wir werden sie in einer langen Saison, in der wir hoffentlich lange in drei Wettbewerben vertreten sein werden, wie jeden anderen Spieler auch, brauchen", sagte Max Eberl.

(RP)
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