Skisprung-Olympiasieger Thomas Morgenstern tritt nach Horror-Stürzen zurück

Salzburg · Als die Angst im Kopf gewonnen hatte, nahm Thomas Morgenstern als erstes seine kleine Tochter in den Arm. "Lilly, du wirst mich wahrscheinlich nie bewusst Skispringen sehen", sagte der Österreicher seiner einjährigen Tochter, am Freitag teilte der dreimalige Olympiasieger dann auch dem Rest der Welt mit: "Ich ziehe einen Schlussstrich, ich trete zurück."

Der Horror-Sturz des Thomas Morgenstern
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Am Ende war die Angst einfach zu groß. Die Angst vor einem Windstoß, der Höhe, einem weiteren Horror-Sturz. "Wenn du auf dem Balken sitzt und denkst, dass die Bindung aufgehen könnte, sind das schlechte Voraussetzungen", sagte der 27-Jährige in Salzburg: "Ich habe eine tolle Karriere hinter mir und ich möchte, dass die positive Erinnerungen überwiegen."

Das Skispringen verliert in "Morgi" eine seiner beliebtesten Figuren. "Große Hochachtung für diese Entscheidung. Großer Verlust für unseren Sport", schrieb Skiflug-Weltmeister Severin Freund bei Facebook, der neue Eurosport-Experte Martin Schmitt sagte dem SID: "Thomas ist ein begnadeter Skispringer, aber ich kann das nachvollziehen." Auf Morgensterns Homepage gab es in kürzester Zeit unzählige Einträge. "Skispringen ohne dich ist wie Winter ohne Schnee", schrieb ein Fan.

Doch von Schnee, vor allem im Gesicht, hat Morgenstern nun genug. In der vergangenen Saison war er zweimal schwer gestürzt, nach dem letzten Crash im Januar lag er mit einer Schädelverletzung und einer Lungenquetschung vier Tage auf der Intensivstation, schaffte es aber dennoch zu den Olympischen Spielen in Sotschi. Dort holte das Stehaufmännchen mit der Mannschaft Silber hinter Deutschland.

Thomas Morgenstern stürzt in Titisee-Neustadt
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Thomas Morgenstern stürzt in Titisee-Neustadt

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Danach hatte der Familienvater aber immer wieder angedeutet, die Stürze nicht vollständig verarbeitet zu haben. "Ich habe erst vier Sprünge auf der Großschanze gemacht", sagte Morgenstern Anfang September der Kronen Zeitung: "Und mir die Anlagen ausgesucht, auf denen in puncto Windanfälligkeit keinerlei Gefahr herrscht. Ich habe aber trotzdem noch die Hosen voll, wenn ich oben stehe. Wenn's schiefläuft, kann halt viel passieren."

Schon im vergangenen Jahr hatte Morgenstern, der 2003 im Alter von gerade 16 Jahren seinen ersten Weltcup gewann, erste Rücktrittsgedanken gehegt. Nach der Geburt seiner Tochter und der Trennung von seiner Langzeitfreundin Kristina tauchte sein Name plötzlich häufiger auf den Boulevard- statt auf den Sportseiten auf, hinzu kamen hartnäckige Verletzungen. "Eine schwierige Zeit", gab er später zu, fand dann aber doch den Weg zurück auf die Schanze.

Der ist nun, nach einer bemerkenswerten Karriere, zu Ende. Morgenstern gewann bei den Winterspielen 2006 in Turin von der Großschanze und mit dem Team Gold, 2010 in Vancouver triumphierte er erneut mit den Austria-Adlern. Bei Weltmeisterschaften holte er acht Titel, 2010/2011 gewann er die Vierschanzentournee.

Das ist Thomas Morgenstern
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Wie es nun weitergeht, ließ Hobby-Pilot Morgenstern offen. Er freue sich auf sein Privatleben, auf mehr Zeit mit Töchterchen Lilly und seinen Eltern. Zumindest Mutter Gudrun war am Freitag heilfroh: "Die wird vor lauter Freude vor dem Fernseher im Kreis laufen, dass in meiner Karriere alles gut ausgegangen ist", sagte Morgenstern.

(sid)
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