Düsseldorf Argentiniens Präsidentin inszeniert sich

Düsseldorf · Cristina Kirchner feiert sich nach dem Bankrott als Kämpferin gegen jene, die das Land in die Pleite trieben. Das verdeckt den Blick darauf, dass die politische Elite in Buenos Aires über Jahre hinweg versagt hat.

Cristina Kirchner ist eine Meisterin, wenn es darum geht, sich selbst in Szene zu setzen. Argentiniens Präsidentin schiebt die Schuld am zumindest technischen Staatsbankrott den amerikanischen Hedgefonds zu, die partout nicht von der vollständigen Erfüllung ihrer Milliardenforderungen abrücken wollen. Forderungen, die Cristina Kirchner mit "Raketen in einem Krieg" verglichen hat.

Das Volk hat sie zu großen Teilen auf ihrer Seite. Denn sie kann immer darauf verweisen, dass Argentinen ja durchaus schon Geld für seine Gläubiger hinterlegt und so seine Zahlungswilligkeit unter Beweis gestellt hat. Das rückt sie den eigenen Bürgern auf jeden Fall ins Recht gegen die gierigen Finanzinvestoren aus Nordamerika.

Zudem klatscht das Volk, weil es nicht zahlen muss, solange der Streit juristisch noch nicht endgültig ausgefochten ist. Und noch immer besteht die Möglichkeit, dass die Argentinier bis zum Jahresende ihre Schulden bei den Hedgefonds bezahlen und sich damit aus der Umklammerung amerikanischer Gläubiger befreien. Und letztlich verübeln die Bürger ihrer Präsidentin deren heroisch anmutenden Kampf gegen die "Geier-Hedgefonds" um den Investor Paul Singer vermutlich auch deshalb nicht, weil Argentinien anders als beim ersten Staatsbankrott 2001 gar nicht pleite ist, sondern bei Devisenreserven von immer noch 29 Milliarden Dollar seine Schulden zurückzahlen könnte.

Doch Kirchner spielt ein riskantes Spiel auch auf Kosten ihrer treuen Anhänger. Die Präsidentin, deren Amtszeit noch bis Ende des kommenden Jahres geht, wird vermutlich ein Land hinterlassen, in dem die Wirtschaftskrise tiefe Spuren hinterlassen hat. Der Peso wackelt gewaltig, die Inflation ist längst auf mehr als 40 Prozent gestiegen, der Staat kann die Modernisierung der Infrastruktur nicht bezahlen. Die Rezession bleibt vertrauter Begleiter in Buenos Aires.

Ausgerechnet in dieser Situation verweigert Kirchner die Rückzahlung von Schulden und versperrt so den Banken Argentiniens wie anderen Unternehmen und der öffentlichen Hand den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten. Für wie lange, bleibt offen. Dass Argentinien überhaupt in dieser Situation ist, verdankt es ohnehin schon seiner politischen Elite. Denn die hat seinerzeit die Vereinbarungen mit den Kreditgebern unterschrieben und sich dem ausgeliefert, was die Hedgefonds jetzt fordern.

Am Ende hat Argentiniens Verweigerungshaltung auch noch Spätwirkungen für ein paar Tausend deutsche Investoren. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) rät Kleinanlegern, keine vorschnellen Verkäufe von Argentinien-Papieren zu tätigen. "Privatanleger, die argentinische Anleihen besitzen, raten wir, Ruhe zu bewahren. Wer jetzt verkauft, muss das Kapitel 'argentinische Staatsanleihen' endgültig mit deutlichen Verlusten abschließen, auf die trotzdem Steuern zu zahlen sind, da alle neuen Anleihen als Finanzinnovationen eingestuft sind", sagt Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der DSW. Dies bedeute, dass die Differenz zwischen dem Verkaufskurs und dem ersten Kurs der neuen Anleihen zu versteuern wäre. Von der argentinischen Staatspleite betroffen sind nach Angaben der Aktionärsschützer knapp 6400 Anleger, die seit dem Jahr 2002 in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe in der Aktionärsschützer-Gemeinschaft versammelt sind. Die Dunkelziffer liege deutschlandweit aber deutlich höher, heißt es.

(RP)
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