Berlin Gabriel will Fördertopf für Digitalisierung

Berlin · Der Bundeswirtschaftsminister will den Etatüberschuss des Bundes nicht wie Schäuble in den Schuldenabbau stecken.

Berlin: Gabriel will Fördertopf für Digitalisierung
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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat konkrete Pläne für einen neuen, mindestens drei Milliarden umfassenden Investitionsfonds für Digitalisierungsprojekte vorgelegt. Der Bund solle einen Teil des Haushaltsüberschusses 2016 in ein neues Sondervermögen namens "Zukunftsinvestitionsfonds Digitalisierung" überführen, heißt es in einem Papier des Wirtschaftsministeriums. Daraus sollten neben öffentlichen Investitionen in den Breitbandausbau auch verstärkt private Digitalisierungsprojekte kofinanziert werden können. Als Beispiele nennt das Ministerium Investitionen in Schulcomputer, Verkehrsleitsysteme oder innovative Daten-Dienstleistungen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will den Etatüberschuss des Jahres 2016 von 6,2 Milliarden Euro dagegen in die Schuldentilgung stecken. Er war darin auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Unionsfraktion unterstützt worden. Würde das Geld nicht zum Schuldenabbau verwendet, würde es automatisch in die Rücklage zur Finanzierung der Flüchtlingsintegration fließen, hatte das Finanzministerium erklärt. Das sei so von der Koalition vereinbart. In der Rücklage befinden sich derzeit knapp 13 Milliarden Euro.

Gabriel lehnt diesen Plan ab und will das Geld statt dessen für mehr Investitionen verwenden. Die SPD hatte daher die Beratungen über den Nachtragshaushalt 2016, in dem die Verwendung der überschüssigen Mittel geregelt werden soll, in dieser Woche blockiert. Er soll Ende März endgültig verabschiedet werden.

Mit dem Konzept für den Digitalisierungsfonds bekräftigt Gabriel seine Position. Das Sondervermögen solle "losgelöst von jährlichen Haushaltsverhandlungen mindestens über einen Zeitraum von zehn Jahren Zukunftsinvestitionen finanzieren", heißt es in dem Papier. Wie beim Investitionsfonds der EU, der von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ins Leben gerufen worden war, solle durch die Kofinanzierung privater Investoren eine Hebelwirkung erzielt werden: Indem die öffentlichen Mittel Finanzprodukte absicherten, in die private Anleger investierten, könne das Investitionsvolumen verzehnfacht werden. Eine neue Projektplattform des Bundes mit Beteiligung der Länder solle die Auswahl geeigneter Investitionsprojekte koordinieren, so das Papier. Externe Berater würden einbezogen.

Die SPD dringt darauf, das Nachtragshaushaltsgesetz entsprechend zu ändern. Mindestens die Hälfte des Sechs-Milliarden-Euro-Überschusses müsse in den Investitionstopf fließen, so ihre Forderung. Für den Zukunftsfonds braucht es zudem ein neues Errichtungsgesetz, das Union und SPD zusammen mit dem Nachtragsetat verabschieden müssten. Schäuble ist dazu bislang nicht bereit. Die Unionsfraktion könnte sich allerdings noch bewegen. Die Wirtschaftspolitiker der Union hatten nämlich ebenfalls noch zusätzliche Wünsche: Sie wollen den Betrag, den Unternehmen für die Anschaffung geringwertiger Wirtschaftsgüter wie etwa Computer pro Jahr sofort abschreiben können, von 410 auf 1000 Euro anheben. Das würde zu Steuermindereinnahmen von mindestens 800 Millionen Euro führen, hieß es im Wirtschaftsministerium.

Der kommende Bundestagswahlkampf kündigt sich auch bereits in einer anderen Auseinandersetzung an: Gabriels Ministerium kritisiert Pläne Schäubles für eine Unternehmensteuerreform in der nächsten Legislaturperiode. Schäuble strebt an, künftig alle Unternehmen unabhängig von der Rechtsform gleich zu besteuern. Für Personengesellschaften gilt bisher die Einkommensteuer, die jedoch besonders bei geringen Gewinnen niedriger ausfällt als die Körperschaftsteuer, die Kapitalgesellschaften bezahlen müssen. "Eine rechtsformneutrale Besteuerung ist ein theoretisch attraktives Konzept, welches aber praktisch sehr komplex einzuführen ist, ohne insbesondere auch kleine Unternehmen zu belasten", heißt es daher laut "Spiegel" in einem Vermerk des Wirtschaftsministeriums.

(mar)
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