Düsseldorf IG-BCE-Chef Löllgen - Kind der rheinischen Großchemie

Düsseldorf · Der frühere Abteilungsleiter des Bundesvorsitzenden lenkt nun die Geschicke des einflussreichen Bezirks Nordrhein.

Am Tag nach dem Bundesliga-Aufstieg hat Frank Löllgen seinen roten FC-Köln-Schal im Büro an der Düsseldorfer Hans-Böckler-Straße aufgehängt. Da lag der Aufstieg des 52-Jährigen nur wenige Wochen zurück - der zum Vorsitzenden des Landesbezirks der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). In Nordrhein mit seinen 107 000 Mitgliedern sind Konzerne wie Henkel, Bayer und Lanxess beheimatet; hinzu kommt der Braunkohletagebau.

Löllgen ist ein großgewachsener Mann mit einem leicht verschmitzten Lächeln. Wer ihn nur flüchtig kenne, erlebe ihn als nüchternen und spröden Menschen, sagt Löllgen über Löllgen: "Ich benötige oft eine Warmlaufphase." Doch danach kommt der andere Typ zum Vorschein, der lockerer ist, sich im Terminkalender die Karnevalstage schon mal vorsorglich frei hält. Ein echter Rheinländer.

Der neue Landesbezirksleiter stammt aus Verhältnissen, die er selbst als "solide geerdet" bezeichnet. Auf der rechtsrheinischen Industrieseite der Domstadt ist er groß geworden. Der Vater war Schmiedegehilfe bei Klöckner-Humboldt-Deutz, die Mutter für die Erziehung der sieben Kinder verantwortlich. Bei Bayer ließ sich Löllgen zum Chemielaboranten ausbilden. Es war die Zeit der ersten großen Rationalisierungswelle in der Branche. So gelangte er zur IG Chemie Papier Keramik, machte Bildungsarbeit, begann, Kontakte zu knüpfen - etwa zum heutigen IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis, der damals ebenfalls bei Bayer arbeitete.

Und Löllgen nutzte seine Gewerkschaftsbeziehung zum Aufbruch - an der Akademie der Arbeit, einer gewerkschaftsnahen Kaderschmiede in Frankfurt. Fortan standen statt Kautschukveredelung Marx'sche Theorien, Philosophie, Soziallehre oder Verfassungsrecht auf dem Lehrplan. Anschließend wurde er "Sekretär zur Ausbildung" - heute würde man Trainee sagen. Damals lernte er erstmals Einschüchterungen durch Firmenchefs kennen, machte Bekanntschaft mit Polizisten, als er auf einem Firmen-Parkplatz Flyer verteilte. Löllgen ließ sich nicht beirren.

Nach einem vierjährigen Zwischenspiel als Geschäftsführer in Dresden kam 1997 die Fusion zur IG BCE - und zeitgleich der erste Ruf für Löllgen zurück in die Heimat als IG-BCE-Bezirksleiter in Leverkusen: "Ich bin ein Kind der Großchemie. Dieses Gebiet mit Bayer zu übernehmen, war eine Auszeichnung." Es wurden elf bewegte Jahre mit der Umwandlung der Bayer AG in eine strategische Holding und der Ausgliederung von Lanxess.

Darauf folgte ein dreijähriges Intermezzo in der BASF-Stadt Ludwigshafen. Bis 2011 ein Anruf aus Hannover kam. Michael Vassiliadis erinnerte sich an den Weggefährten. Ob er nicht Lust auf Personalpolitik habe? Löllgen nahm an. Vor knapp einem Jahr fühlte Vassiliadis bei seinem Abteilungsleiter dann vorsichtig vor, ob er sich denn grundsätzlich interessieren würde, Landesbezirksleiter in Nordrhein zu werden. Der interessierte sich und sagte zu.

Als Begrüßungsgeschenk ließ die NRW-Regierung kurz nach seiner Ankunft eine Bombe platzen und präsentierte die Verkleinerung des Braunkohletagebaus. "Das hat uns kalt erwischt." Inzwischen ist Löllgen in puncto Energie sattelfest. Energiewende, Industrie 4.0, gute Arbeit und eine bessere Bildung - das werden Frank Löllgens Arbeitsschwerpunkte in den kommenden Monaten sein. Und dann natürlich seine erste Tarifrunde als Landesbezirksleiter.

(RP)
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