Düsseldorf Jeder Zuwanderer bringt Deutschland 3300 Euro

Düsseldorf · Der Chef des Forschungsinstituts Ifo, Hans-Werner Sinn, hat einen Streit um den Nutzen der Zuwanderung entfacht. Gestern meldete sich ausgerechnet die CSU mit einem ausländer-freundlichen Vorschlag zu Wort: Sie will das Bleiberecht für junge Flüchtlinge ausweiten, wenn diese zur Schule gehen oder eine Ausbildung machen. Deutschland könne auf keinen Schulabgänger verzichten, wenn man den Wohlstand bewahren wolle, heißt es in einem Papier für die CSU-Tagung in Kreuth.

Was kostet ein Zuwanderer? Sinn sagt, ein Zuwanderer koste mehr als er bringe. Nach seinen Berechnungen kosten Migranten den deutschen Staat mehr Sozialleistungen und andere Ausgaben, als sie ihm Einnahmen durch Steuern und Sozialbeiträge bringen. Unterm Strich ergäbe sich pro Migrant eine Belastung von 1800 Euro im Jahr. Andere Wissenschaftler kommen zu ganz anderen Ergebnissen: So errechnete Holger Bonin vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), dass jeder Ausländer dem deutschen Staat im Schnitt 3300 Euro im Jahr bringt. Hierfür hat das ZEW Sozialeistungen, Sozialbeiträge und Steuern einbezogen. Danach bescherten 6,6 Millionen ohne deutschen Pass den Sozialkassen allein 2012 einen Überschuss von 22 Milliarden Euro. Sinn dagegen hat auch staatliche Ausgaben für Verwaltung, Infrastruktur, Polizei und Justiz anteilig auf die Migranten verteilt. Dem hält Thomas Straubhaar, früher Chef des Hamburger Instituts HWWI entgegen, dass diese Kosten ohnehin anfallen würden.

Brauchen wir Zuwanderer? Für die Zukunft sind sich die Ökonomen einig: Ohne Zuwanderung kann das deutsche, auf dem Umlageverfahren basierende Sozialsystem nicht funktionieren. Da die Deutschen nicht genug Kinder bekommen, die ihre künftigen Renten und Gesundheitsausgaben finanzieren, müssten die Sozialbeiträge ohne Zuwanderung dramatisch steigen. Im Jahr 2030 werden laut Statistischem Bundesamt 53 Prozent der Deutschen über 64 Jahre sein. 2008 waren es erst 34 Prozent. Zuwanderer helfen, die Sozialbeiträge zu stabilisieren - zumal ihre Altersstruktur günstiger ist. 42 Prozent von ihnen zahlen in die Sozialkassen, bei den Deutschen sind es nur 36 Prozent.

Ist der Ifo-Chef ausländerfeindlich? Das nicht, aber unpolitisch. Es schert ihn nicht, wie er Ausländerfeinden wie denen in der "Pegida" in die Hände spielt. Eigentlich geht es dem Ifo-Chef nur darum, Zuwanderung stärker nach deutschen (Arbeitsmarkt-)Interessen zu steuern - so wie es andere Länder (Neuseeland) auch tun. Sinn schlägt vor, dass Migranten per Punktesystem ausgewählt werden sollen. Dabei sollten Qualifikation, Alter, Sprachkompetenz berücksichtigt werden.

(RP)
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