Deutsche Bahn Bahn beruft Grube zum neuen Chef

Essen (RPO). Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG hat am Samstag den Manager Rüdiger Grube zum neuen Bahnchef bestellt. Das teilte die Deutsche Bahn AG in Essen mit. Zugleich beendet das Gremium auf seiner Sitzung in Essen förmlich die Tätigkeit des amtierenden Bahnchefs Hartmut Mehdorn, der seinen Rücktritt am 30. März im Gefolge der Datenaffäre angeboten hatte. Grube soll sein Amt am 1. Mai antreten.

Das ist Rüdiger Grube
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Neben der Bestellung Grubes entscheidet der Aufsichtsrat auch über die finanziellen Bedingungen des Rücktritts Mehdorns. Von Regierungsseite war in letzter Zeit mehrfach betont worden, auch für Mehdorn gelte trotz seiner erfolgreichen Arbeit für die Bahn in der Krise das Gebot der Mäßigung. Es wird dennoch nicht ausgeschlossen, dass Mehdorns Vertrag finanziell bis zum Ende seiner regulären Laufzeit Mitte 2011 erfüllt wird.

Aus dem Hintergrund ins Rampenlicht

Das von der Regierung formulierte Anforderungsprofil für den neuen Bahnchef war enorm. Erfahrung im direkten Zusammenspiel mit der Politik, Fingerspitzengefühl im Umgang mit Beschäftigten und Gewerkschaften, Führungsqualitäten an der Spitze eines großen Konzerns und nicht zuletzt Nervenstärke im Umgang mit der meist quengeligen Kundschaft wünschte sie sich vom Mehdorn-Nachfolger. Rüdiger Grube soll all dies erfüllen. Er tritt ein schweres Erbe an.

Erfahrung zumindest hat Grube reichlich. 1989 trat Grube in die damalige Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH ein, der späteren Daimler-Benz Aerospace AG (DASA). Er kletterte unaufhaltsam die Karriereleiter hinauf. Stationen dabei waren unter anderem die Unternehmensplanung und Technologie der Daimler-Benz Aerospace, die Verantwortung für den Standort München-Ottobrunn der Daimler-Benz Aerospace und die Leitung des Ressorts Marketing, Vertrieb und Außenbeziehungen bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm.

Vor acht Jahren wurde der am 2. August 1951 in Hamburg geborene Grube Vorstandsmitglied bei der Daimler AG. Er stand dort dem Ressort Konzernentwicklung vor. Dazu gehören unter anderem die Konzernstrategie, Industrielle Beteiligungen, IT sowie seit Oktober 2004 auch alle Nordostasien-Aktivitäten. Auch an der Fusion des Autobauers Daimler-Benz mit dem US-Konzern Chrysler war Grube maßgeblich beteiligt

Begehrlichkeiten der Politik

Vor seinem Wechsel zu Daimler war Grube jahrelang Assistent des späteren Airbus- und Bahnchefs Hartmut Mehdorn. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob er sich von Mehdorn das Geschick abgeguckt hat, zwischen den politischen Linien zu lavieren.

Eine politische Einschätzung Grubes fällt schwer. Die Bahn-Gewerkschaften jedenfalls wissen den neuen Chef offenbar noch nicht richtig einzuordnen. Er selbst erklärte in einem Zeitugnsinterview, er stamme aus einem sozialdemokratisch geprägten Elternhaus, gehöre aber keiner Partei an.

Bleibt die Kundschaft. Fahrpreiserhöhungen, Zugausfälle, marode Bahnhöfe oder dreckige Abteile - all diese Vorfälle lastete das Volk in der Vergangenheit nicht nur dem Konzern allgemein, sondern auch Mehdorn persönlich an. Im Gegensatz zu diesem wirkte Grube bisher mehr im Hintergrund. Seine Qualitäten werden sich künftig auch daran gemessen, wie er im Licht der Öffentlichkeit zurechtkommt.

Amtsantritt zum 1. Mai

Grube, der sein Amt am 1. Mai antreten soll, sagte im Anschluss an seine Ernennung: "Ich freue mich auf die neue Aufgabe." Er habe sich verpflichtet, "im Einvernehmen mit meinem Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Müller bis zum 1. Juni" die Datenaffäre aufzuklären.

Müller selbst lobte den neuen Vorstandsvorsitzenden: "Mit Rüdiger Grube wird ein erstklassiger Manager neuer Bahnchef. Das Unternehmen freut sich auf den neuen Amtsinhaber. Der Aufsichtsrat ist fest davon überzeugt, dass Grube die anstehenden Herausforderungen meistern und die DB weiter stärken wird."

Müller dankte auch Grubes Vorgänger Mehdorn, der sein Amt offiziell zum 30. April aufgibt: "Hartmut Mehdorn hat bei der Bahn eine Ära geprägt und sich bleibende Verdienste erworben." Die Modernisierung und Sanierung des Staatskonzerns werde mit seinem Namen verbunden bleiben.

Mehdorn erklärte: "Es war eine schöne und stets aufregende Zeit. Wir Bahner haben im vergangenen Jahrzehnt sehr viel erreicht. Darauf können wir alle stolz sein."

Mehdorns Rücktritt nach Datenskandal

Die Bahn AG hatte mehrfach massenhaft Daten von Mitarbeitern und Lieferanten abgeglichen, ohne die Betroffenen oder die Arbeitnehmervertretungen vorab oder im Nachhinein zu informieren. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sagte zu den Aufgaben Grubes, der neue Bahnchef müsse alles tun, um das Vertrauen der Beschäftigten in die Führung des Staatsunternehmens zurückzugewinnen. Er erwarte darüber hinaus die Fortsetzung des Erfolgskurses der Deutschen Bahn.

Transnet erwartet Achtung vor Mitarbeitern

Die Bahn-Gewerkschaft Transnet erwartet vom neuen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, mehr Achtung vor den Mitarbeitern. "Grube muss für eine neue Kultur sorgen und den Mitarbeitern mehr Respekt entgegen bringen", verlangte der Transnet-Vorsitzende Alexander Kirchner in einem am Samstag vorab übermittelten Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag".

Die Bahn stecke in einer tiefen Vertrauenskrise. Die Beschäftigten, die jahrelang ausspioniert worden seien, trauten dem Vorstand nicht mehr über den Weg, sagte der Gewerkschafter. Kirchner forderte für den Konzern "neue Regeln zum Datenschutz, die schärfer sein müssen als das, was der Gesetzgeber verlangt". Die Bahn müsse "nach diesem Desaster mit gutem Beispiel vorangehen." Es gelte, den "Datenskandal" schnell und umfassend aufzuklären. Grube müsse "die Konsequenzen ziehen, mit Sicherheit strukturell, wenn nötig auch personell".

(AP)
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