Mangelnde Frauenquote Deutschen Firmen drohen Nachteile in der EU

Düsseldorf/Berlin · Deutsche Unternehmen kritisieren, dass EU-Länder die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an die Einhaltung einer gesetzlichen Frauenquote binden. Zugleich steht Deutschland ohne Quote zunehmend isoliert da – eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.

Frauenquote in Chefetagen - So weit hinkt Deutschland hinterher
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Deutsche Unternehmen kritisieren, dass EU-Länder die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an die Einhaltung einer gesetzlichen Frauenquote binden. Zugleich steht Deutschland ohne Quote zunehmend isoliert da — eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.

Die deutsche Wirtschaft reagiert entsetzt auf Pläne von EU-Ländern, öffentliche Ausschreibungen an eine Frauenquote zu knüpfen. In Spanien ist eine solche Regelung bereits Realität: Hier bekommen nur solche Unternehmen Aufträge des Staates, die genug Frauen in ihren wichtigsten Entscheidungsgremien haben.

Das Auswärtige Amt warnt in einem internen Schreiben, dass deutsche Unternehmen im EU-Ausland über "kurz oder lang" von Ausschreibungen ausgeschlossen werden könnten, wenn sie sich nicht an eine Frauenquote halten.

"Ich bin grundsätzlich gegen jede Form von Quotierung", sagte der Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, Wolfgang Schulhoff. Er warnt davor, dass die EU die spanischen Vorschriften zum Vorbild für eine EU-weite Regelung nimmt. "Die EU soll sich raushalten."

Er sei für Europa, aber dagegen, dass etwa Branchen wie das Baugewerbe eine Quote einhalten müssen, obwohl sie diese allein schon wegen mangelnder weiblicher Bewerber nicht erfüllen könnten.

Bislang sind beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag und beim Zentralverband des Deutschen Handwerks keine Fälle bekannt, in denen Spanien deutschen Unternehmen Aufträge verweigert hat, weil sie nicht genug Frauen beschäftigen.

Doch begründet ist die Sorge des Auswärtigen Amtes gleichwohl. Denn die Frauenquote ist europaweit auf dem Vormarsch. Und immer mehr Staaten verhängen drastische Sanktionen, wenn Unternehmen die Quote nicht erfüllen.

Während Spanien Unternehmen mit zu wenig Top-Managerinnen von öffentlichen Aufträgen ausschließt, kann Italien nach mehreren Verwarnungen Bußgelder zwischen 100.000 Euro und einer Million Euro verhängen, wenn Unternehmen die Frauenquote nicht erfüllen.

Neben Spanien und Italien haben auch Belgien, Frankreich und die Niederlande Quotenregelungen für die Vorstände oder Aufsichtsräte in börsennotierten Konzernen und öffentlichen Unternehmen erlassen. In Dänemark, Finnland, Griechenland, Österreich und Slowenien gelten Vorgaben zum Geschlechter-Mix für die Vorstände staatlicher Unternehmen.

Die Wirtschaft kritisiert, dass mit einer Frauenquote plötzlich ein sachfremdes Kriterium darüber entscheidet, welches Unternehmen den Zuschlag für einen Auftrag bekommt. Ganz unbekannt sind solche sachfremden Kriterien in europäischen Ausschreibungsverfahren aber nicht.

"Es kommt vor, dass Ausschreibungen an Kriterien geknüpft sind, die nur dazu dienen, heimische Unternehmen zu bevorteilen", sagt etwa Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). So müssen etwa deutsche Handwerksbetriebe mehrere hundert Pfund für eine Zusatzprüfung bezahlen, bevor sie sich etwa um Installations-Aufträge auf der Insel bewerben können, heißt es.

Grundsätzlich ist es zulässig, auch wirtschaftsfremde Kriterien bei der Auswahl eines Unternehmens zu berücksichtigen, wenn es um höhere Prinzipien wie die Sicherung der Gesundheit oder die nationale Sicherheit geht.

So nehmen sich Staaten insbesondere bei Rüstungsaufträgen das Recht, nur Unternehmen aus dem eigenen oder aus befreundeten Staaten zu berücksichtigen. "Eine Frauenquote dürfte aber nicht als so ein höheres Prinzip gelten und in dieser Hinsicht schwer durchzudrücken sein", meint IW-Experte Jürgen Matthes.

Inge Grässle, Parlamentarische Geschäftsführerin der Union im Europa-Parlament, sieht das anders. "Die deutsche Verweigerungshaltung der Frauenquote kommt die Wirtschaft teuer zu stehen." Das müsse ein Ende haben, sagt sie und sieht sogar den Binnenmarkt in Gefahr: "Wir können uns einen Flickenteppich in Sachen Quote nicht leisten. Wir brauchen rasch einen klaren EU-Rechtsrahmen."

Bevor sich die Staatengemeinschaft aber auf eine verbindliche EU-Regelung einigt und diese durchsetzt, könnten aber Jahre vergehen.

(RP/csr/sap)
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