Hauptversammlung der Telekom "König Drosselbart" zieht zufrieden Bilanz

Köln · Es ist der letzte große Auftritt von René Obermann. Auf der Telekom-Hauptversammlung in Köln zieht er eine positive Bilanz seiner sechsjährigen Amtszeit. Zeitgleich protestieren draußen vor der Halle wütende Internet-Aktivisten gegen die geplante Datenbremse.

 Vor der Kölner Lanxess Arena sammelte sich erstmals außerhalb des Internets der Protest gegen die Drosselpläne der Telekom.

Vor der Kölner Lanxess Arena sammelte sich erstmals außerhalb des Internets der Protest gegen die Drosselpläne der Telekom.

Foto: dpa, obe pzi

Sechs Jahre lang hat der in Krefeld aufgewachsene René Obermann die Geschicke der Telekom gelenkt, 15 Jahre schon gehörte er dem Unternehmen an. Bevor er zum Jahreswechsel ausscheidet und ganz neu bei einem holländischen Unternehmen im "Maschinenraum" anfängt, blickt er auf der Hauptversammlung zurück. Und wirkt zufrieden.

"Wir haben alle schwierigen Themen angepackt, Skandale bewältigt und deren Ursachen abgestellt", ruft der Manager den Aktionären in Köln zu. Das gelte für Themen wie Servicequalität oder Datensicherheit, aber auch für die großen Auslandsbaustellen.

Eine Jahrhundertaufgabe

In den USA sei der Konzern durch die Fusion seiner schwächelnden Mobilfunktochter T-Mobile USA mit dem Rivalen MetroPCS "einen Riesenschritt weitergekommen", sagte Obermann. In Deutschland sei der Konzern im Festnetz Marktführer und liege auch beim Mobilfunk vorn.

Einschränkungen macht er beim Blick auf den Wandlungsprozess, weg vom Staatsunternehmen hin zum modernen und internetbasierten Dienstleister. Das sei eine Jahrhundertaufgabe.

Auch zum Dauerthema Aktienkurs bezieht er Stellung. "Er löst keine Jubelstürme aus", räumt Obermann ein und verweist auf übergreifenden Probleme der ganzen Branche. Die Titel hätten sich unter seiner Führung aber immer noch besser entwickelt als die der europäischen Konkurrenten, führte er aus.

Draußen vor der Halle steht der Drosselkom-Protest

Die Protestierenden draußen vor der Kölner Lanxess Arena werden über so viel Eigenlob nur den Kopf schütteln. Sie sind gekommen, um ihren Unmut über Obermanns Pläne zur Volumenbegrenzung bei Flatrates kundzutun. Einen entsprechenden Spitznamen hat Obermann längst weg: "König Drosselbart", nennen sie ihn.

Insbesondere in den sozialen Netzwerken ergießt sich der Protest gegen die Pläne in Form von höhnischen Abwandlungen von Werbeslogans über die Telekom. "Vögeln statt Drosseln", heißt es etwa. Oder: "Drosselkom. Nie war Internet intensiver." An diesem Donnerstag sammelt sich der bislang digitale Protest erstmals auf der Straße. Wer nicht kommen kann, hat zumindest die Option auf der Website an einer Online-Demo teilzunehmen.

Obermann bleibt hart

Obermann ficht das nicht an. Im Gegenteil. Vor den Aktionären verteidigt er entschieden die umstrittenen Drosselpläne. Eins ist ihm wichtig zu betonen: Für Normalkunden würde die Einführung der Obergrenzen keine Verschlechterung mit sich bringen. Denn die Datenpakete der neuen Tarife sollten deutlich größer sein als das Datenaufkommen von Normalkunden.

"Die Alternative wäre, dass das Netz für alle langsamer oder für alle teurer wird", so Obermann. Stattdessen setze die Telekom auf den Grundsatz: "Für alle schneller, für wenige teurer." Er halte das für gerecht, sagte Obermann. Er bekräftige, für die dauerhaften Vielnutzer werde es weiter Flatrates geben, die aus heutiger Sicht aber um 10 bis 20 Euro mehr im Monat kosten sollten.

Neustart bei Ziggo

Der scheidenden Vorstandschef kann es sich leisten, im Umgang mit der Kundenwut eine gewissen Gelassenheit an den Tag zu legen. Zudem hat er eine gewisse Krisenerfahrung vorzuweisen. 2007 setzte er gegen die Belegschaft die Ausgliederung von 50.000 Beschäftigten durch, wenig später begann er serienweise Call Center zu schließen. Schon damals bekam er die zweifelhafte Ehre, mit entsprechenden Spitznamen tituliert zu werden. Aus Obermann wurde Dobermann, später der "Bulldozer".

Zum Jahreswechsel ist das für ihn nur noch Geschichte. Mit 50 Jahren Obermann wagt dann bei der Utrechter Kabel- und Internetfirma Ziggo einen Neustart. Das bedeutet unter anderem 3000 statt 250.000 Mitarbeitern, 2,9 Millionen Kunden in einem Land statt mehr als 100 Millionen in mehr als 20 Ländern weltweit. Viel wichtiger dürfte für ihn noch sein, dass er sich bei Ziggo um Marketing und um Technikentwicklung kümmern wird — seine wahren Leidenschaften.

(pst)
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