Rüstungsschmieden Krauss-Maffei und Rheinmetall — Vorteile einer Allianz

Düsseldorf · Über die milliardenschweren Eigentümer der Münchener Rüstungsschmiede Krauss-Maffei (KMW) wusste man bislang wenig. Sicher war nur, dass der Clan aus Gründen der Familienräson eine Fusion mit ihrem wichtigsten deutschen Wettbewerber strikt ablehnt: Die Düsseldorfer Rheinmetall AG hat oft genug einen Zusammenschluss angeboten. Aber die Antwort war stets ein klares Nein.

Plötzlich ist alles anders. Seit einigen Wochen gibt es eine Internet-Seite (www.25 000-euro.de), auf der selbsternannte Menschenrechtler ein Kopfgeld ausloben für Hinweise, die zur Verurteilung von KMW-Eigentümern führen. Die Seite führt elf Steckbriefe von tatsächlichen und unbestätigten Mitgliedern des KMW-Clans auf. Motiv für den Internet-Pranger: Die angebliche Lieferung von 270 Panzern durch KMW an das autoritäre Regime in Saudi-Arabien. Bestätigt wurde die Lieferung nie. Auch nicht Gerüchte, denen zufolge KMW sogar bis zu 800 Lepoard-2-Panzer an die Saudis liefern will. Der Internet-Pranger hat erst KMW ins Gerede und dann Familienmitglieder zum Reden gebracht. Im "Stern", im Fernseh-Magazin "aspekte" und in der "Financial Times Deutschland" plaudern sie mehr oder minder offen über Deutschlands verschwiegensten Konzern, wollen von dem Deal nichts gewusst haben oder lehnen ihn ab. Bei dem Panzerbauer tobt ein heftiger Streit um Milliarden, Macht und Moral.

Der 71-jährige Künstler Burkhart Braunbehrens, der seine KMW-Firmenanteile geerbt hat, führt derzeit nach außen das Wort. "Die Sorge der Öffentlichkeit über ein mögliches Panzergeschäft mit Saudi-Arabien teile ich", sagte er der "FTD", das Geschäft stünde "im Gegensatz zu meiner Sympathie für den Arabischen Frühling und wäre ein verheerendes Signal". Nie zuvor haben sich die fast 50 KMW-Eigentümer öffentlich über die Strategie ihres Unternehmens geäußert. Die Unruhe, die Braunbehrens mit derartigen Interviews stiftet, kann man erahnen. Nicht nur bei KMW. Auch in der Bundesregierung, die solche Panzerdeals genehmigen muss.

Braunbehrens will KMW transparenter machen und fordert als Ex-Aufsichtsrat und Noch-Miteigentümer die Öffnung des Eigentümerkreises sowie ein Zusammenrücken der Branche in Europa, um europäischen Gremien die Mitsprache bei Rüstungsdeals zu ermöglichen. Er könne sich auch eine Fusion mit Rheinmetall vorstellen, sagte Braunbehrens und eröffnet (absichtlich oder nicht) ein weiteres Gefecht gegen den Kanon der bisherigen KMW-Positionen.

In Düsseldorf hört man das gerne: "Wir halten eine nationale Konsolidierung der Branche weiterhin für sinnvoll. Unsere Tür ist auch für KMW immer offen geblieben", sagte ein Rheinmetall-Sprecher. Als börsennotierter Konzern muss das Unternehmen am Rhein sich rationaler verhalten als die quasi geheime KMW-Eigentümerfamilie. Und rational ist der Ruf nach einer Konsolidierung der europäischen Rüstung allemal. Während Rheinmetall in der Rüstung im vergangenen Jahr nur 2,1 Milliarden Euro umgesetzt hat und KMW 950 Millionen, bringen Branchenriesen wie die US-Konzerne General Dynamics oder BAE Systems locker das Fünffache auf die Waage. Größe ist in der stark schwankenden Rüstungsbranche mit ihren hohen Entwicklungskosten ein enormer strategischer Vorteil.

Freiwillig fand allerdings auch die amerikanische Rüstung nicht zu ihrer heutigen Größe. Sie wurde politisch verordnet: Nach dem Mauerfall versammelte der spätere US-Außenminister William Perry die damals auch in den USA noch stark zersplitterte Branche um einen Tisch im Pentagon und kündigte Einsparungen im Rüstungsetat an. Offen drohte er den Konzernbossen, sie würden nicht überleben, wenn sie nicht zu größeren Einheiten fänden. Das Gespräch schrieb unter dem Stichwort "Last Supper" (letztes Abendmahl) Rüstungsgeschichte. Vielleicht hat Braunbehrens soeben die Vorspeise für Deutschland serviert.

(RP/felt)
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