Film über Schriftsteller Günter Grass - "Der Unbequeme"

Düsseldorf (RPO). Über den deutschen Literaturnobelpreisträger ist jetzt ein Kinofilm entstanden. Das dokumentarische Porträt heißt "Der Unbequeme" und wird am 19. April in den deutschen Kinos anlaufen. Am Sonntag gab es eine Vorpremiere in Düsseldorf. Günter Grass war dabei.

 Der Unbequeme - Günter Grass gestern bei der Film-Premiere im Düsseldorfer Savoy-Theater.

Der Unbequeme - Günter Grass gestern bei der Film-Premiere im Düsseldorfer Savoy-Theater.

Foto: RP, T. Busskamp

Grass reist zur Vorpremiere des Kinofilms nach Düsseldorf und wird ein paar Worte sprechen, heißt es. Grass schafft es nicht, kommt aber später dazu. Grass wird auch nicht sprechen. Grass kennt schon den Film und soll wohl nur vorbeischauen. Und plötzlich ist Grass doch da. Erscheint als Letzter, als das Licht abgedimmt wird und jeder sich im plüschig-roten Kinosaalsessel noch einmal zurechtrückt. Ganz hinten sitzt der Literaturnobelpreisträger - ziemlich klein. Dann ist es dunkel. Der Film läuft.

Und er beginnt mit dem Waffen-SS-Geständnis, das zu diesem Zeitpunkt die Öffentlichkeit noch nicht bewegen und erregen konnte. Denn im Verlag wird gerade erst beraten, wie die literarische Autobiografie "Beim Häuten der Zwiebel" vermarktet werden soll. Vorabdruck? Vielleicht eine Zeitungsbeilage? Und die Auflage? Wie zuletzt bei der Novelle "Krebsgang", schlägt Verleger Gerhard Steidl vor, also knapp 100.000 zum Start.

Die Szene ist typisch für den Film und das Grass-Bild, das er in den kommenden 87 Minuten zeichnen wird. Ein Hochglanz-Bild ist es, das Grass, den alten, fast 80-jährigen Mann, staunenswert jung und agil aussehen lässt. Der Dichter, Bildhauer, Zeichner und - im "Hauptberuf": Nobelpreisträger wird als Arbeitsmaschine gezeigt. Ständig scheint es bei ihm zu rattern, vieles wird Kunst und Literatur. Und wenn der Produktionsprozess mal stoppt, wird gelesen, in den Jemen gereist, mit Schülern in Lübeck diskutiert, mit Grass-Übersetzern in Danzig geschuftet, mit Lenz in Hamburg Geburtstag gefeiert, mit Schröder im Bundeskanzleramt geplaudert, mit der Tochter Helene in Paris romantische Dichtung rezitiert.

Immer ist was. Und man beginnt, sich irgendwann - wenn das schlechte Gewissen über die Leistungen des eigenen Arbeitsalltags abklingt - zu fragen, ob es bei Grass noch ein Leben neben oder hinter oder jenseits der Arbeit und dem Engagement für die Unterdrückten dieser Welt gibt. Wahrscheinlich schon, aber davon zeigen uns Nadja Frenz und Sigrun Matthiesen (Buch und Regie) ganz wenig. Die paar grünen Äpfel, die er von der Wiese hinter seinem Haus aufliest!

Natürlich hat niemand ein Recht oder einen Anspruch auf den Menschen Grass, aber dass permanent der Dichter Grass uns gegenübersteht, ist auf Dauer dann doch ermüdend.

Der Film schließt so, wie er begonnen hat. Mit der Waffen-SS-Geschichte, nur ist sie jetzt publik und wird diskutiert. Grass sitzt auf der Bühne des Berliner Ensembles und pariert kritische Fragen des Journalisten Wolfgang Herles mit Gegenfragen oder launigen Bemerkungen. Das Publikum lacht mit. Sind ja auch nur zwei Seiten im Buch, 126 und 127, auf denen Grass von seiner Verblendung schreibt, als junger Mann an den Endsieg geglaubt zu haben und für ein paar Wochen Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein.

Dann wird das Licht wieder hochgedimmt. Maßgeblich Beteiligte werden mit Blumen dekoriert, auch Grass kommt nach vorn, bekennt, er habe sich wiedererkannt, und verspricht: "Das nächste Buch kommt bestimmt."

Wer als Letzter kommt, darf als Erster gehen. Bücher werden signiert, eine Blechtrommel wird gereicht und mit ein paar Schlägen bedient. Unweit vom Kino, in der Künstlerkneipe "Czikos", hat Grass auch schon mal musiziert. Jazz, am Waschbrett. Aber da war Grass ein Kunststudent, gut fünfzig Jahre ist das her. Seither viele Bücher, viele Preise, reichlich Lob und Kritik. Und jetzt ein Kinofilm. Auch das will gefeiert werden, stilgerecht - im Düsseldorfer "Malkasten".

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