Berlin Rattenfänger und Christkind sollen auf die Unesco-Liste

Berlin · Seit 2003 schützt die Unesco nicht nur Baudenkmäler und Parkanlagen, sondern auch Bräuche und Traditionen als Kulturerbe der Menschheit. In Deutschland dürfen in diesem Jahr erstmals Vorschläge gemacht werden. Darunter ist viel Skurriles. Ist das nach deutschem Reinheitsgebot gebraute Bier ein Kulturerbe wie der Kölner Dom? Oder sollte eher der rheinische Karneval, die deutsche Brotvielfalt oder gar die natürliche Geburt unter Schutz gestellt werden? Nach langem Zaudern ist Deutschland dem Übereinkommen zum immateriellen Kulturerbe beigetreten. Verbände, Vereine und Privatleute konnten bis Ende November Vorschläge einreichen. International zählen bereits der argentinische Tango, die türkische Kaffeekultur oder die chinesische Akupunktur zu den geschützten Kulturgütern. "Die nationale Liste kann sehr erfolgreich werden, weil die Bräuche die Menschen persönlich betreffen", sagt Professor Eva-Maria Seng vom Lehrstuhl Kulturerbe an der Universität Paderborn.

In Kürze will die Deutsche Unesco-Kommission einen Überblick über die Bewerbungen geben. Viele Anwärter sind bereits bekannt: Die Stadt Hameln etwa schickt ihre Rattenfänger-Sage ins Rennen. Das Weihnachtsmuseum in Rothenburg ob der Tauber hält Christkind, Weihnachtsmann und Nikolaus für schützenswert. Auch die im 19. Jahrhundert in Deutschland entstandene und inzwischen weltumspannende Genossenschaftsidee, der Karneval, das rheinische Schützenwesen, die deutsche Theaterlandschaft und das Chorwesen zählen zu den Bewerbern.

"Es ist nicht in erster Linie ein Wettbewerb. Das Wichtigste ist, dass wir durch die Diskussionen ein Bewusstsein für unsere kulturelle Identität bekommen", sagt der Vizepräsident der Deutschen Unesco-Kommission, Christoph Wulf. Indem die Bewerber auf sich aufmerksam machen, sind sie alle Gewinner. Davon ist Wulf überzeugt. "Wer wusste schon vor der Bewerbung des Deutschen Bühnenvereins, dass wir mehr als 6000 Theater in Deutschland haben? Auch unsere Tradition des Orgelbaus ist weltweit einzigartig."

Voraussetzung für die Aufnahme in die Unesco-Liste ist, dass ein Brauch von Generation zu Generation weitergegeben und gelebt wird. Kommerzielle Interessen dürfen nicht im Vordergrund stehen.

(dpa)
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