In Deutschland noch Streitthema Maut ist für Österreich ein Milliardengeschäft

Wien · In Deutschland zählt das Thema Pkw-Maut zu den politischen Streitpunkten. In Österreich ist die allgemeine Maut dagegen längst Gewohnheit. Zuletzt spülte die Vignette einen ansehnlichen Gewinn in die Kassen der Betreibergesellschaft.

Der Anfang war klebrig. Die erste Österreich-Vignette 1997 konnten die Autofahrer kaum von der Windschutzscheibe kratzen. Flink wurden von der Mautgesellschaft 20.000 Schaber angeschafft - zum Ausleihen. Eher ein Schönheitsfehler, denn die Rechnung ging für die Alpenrepublik viele Jahre auf.

Der Unterhalt der rund 2200 Kilometer Autobahn, ihrer 150 Tunnel, 5200 Brücken sowie der Neubau wird nicht mehr aus Steuern, sondern aus der Maut für Pkw und seit 2004 auch für Lkw finanziert. Zuletzt summierten sich die Einnahmen der Betreibergesellschaft Asfinag auf 1,6 Milliarden Euro, es blieb ein Plus von 440 Millionen Euro. Das Geld stammt - ganz EU-konform - aus der Tasche von Österreichern und Ausländern.

Rund 1,1 Milliarden Euro bringt die Lkw-Maut, fast 400 Millionen Euro kommen durch die Vignette zusammen, die Sondermautstrecken wie am Brenner oder am Arlbergtunnel ergeben rund 130 Millionen Euro, rechnet die für Maut zuständige Geschäftsführerin der Asfinag, Gabriele Lutter, vor. Wie sich der Betrag auf Einheimische und Ausländer aufteilt, wird nicht erhoben.

Aber viele Jahresvignetten für rund 80 Euro (pro Jahr etwa 3,7 Millionen) dürften von Österreichern gekauft werden. Somit käme mit rund 300 Millionen Euro ein Gutteil des Ertrags der Pkw-Maut von Fahrern mit heimischem Kennzeichen.

"Wir investieren jeden zweiten Euro in Verkehrssicherheit", sagt Lutter. Dazu gehöre auch der Ausbau der Tunnel wie zuletzt bei der zweiten Röhre des Pfändertunnels bei Bregenz. Das meiste Geld floss nach dem katastrophalen Brand im Tauerntunnel 1999 mit zwölf Toten in ein Tunnelausbau-Programm. Die Kosten dafür haben den Schuldenberg anwachsen lassen.

Zusammen mit den zum Start übernommenen Schulden beträgt er fast zwölf Milliarden Euro. Doch aktuell geht die Rechnung der Asfinag auf: Einer "fiktiven" Dauer der Schuldentilgung von 22 Jahren steht die "Lebensdauer" einer Autobahn von etwa 30 Jahren gegenüber. Projekte würden in diesem nutzerfinanzierten System eng der Ertragslage angepasst, sagt ein Asfinag-Sprecher.

Die Kosten für die Erhebung der Maut selbst beziffert Lutter auf 100 Millionen Euro jährlich. Die zuletzt angefallenen Überschüsse würden unter anderem zum Schulden-Abbau verwendet. Für 2014 erhöht die staatliche Autobahnholding die Preise für die Vignetten um 2,6 Prozent. Dann kostet die Zehn-Tages-Vignette 8,50 Euro, inklusive Wireless Lan auf allen von der Asfinag betriebenen Rastplätzen.

"Die Zweckgebundenheit trägt viel zur Akzeptanz bei", sagt die Verkehrswirtschaftsexpertin des Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touringclubs ÖAMTC, Elisabeth Brandau. Der einstige hartnäckige Widerstand der Verkehrslobby gegen die Maut ist einer nüchternen Skepsis gewichen.

"Wir haben uns daran gewöhnt, deswegen wird es aber nicht richtiger", sagt sie mit Blick auf die ohnehin hohen Belastungen für die Einheimischen durch diverse Auto-Steuern. Eigentlich sei die Vignette als Übergangslösung bis zur Einführung eines km-abhängigen Mautsystems gedacht gewesen. Im Vergleich dazu sei sie immerhin "das kleinere Übel", so Brandau.

Rund 100 Kontrolleure sind auf den Autobahnen unterwegs, unterstützt von Vignetten-Kameras, die wöchentlich nach einem geheimen Plan neu positioniert werden. 150.000 Delikte ("Mein "Navi" hat mich auf die Autobahn gelotst. Da wollte ich gar nicht hin.") würden so pro Jahr aufgedeckt, sagt Lutter.

Dann werden mindestens 120 Euro fällig. Wenn 2014 die Farbe der Vignette von Himbeere zu Limette wechselt, können die Käufer besonderen Komfort erwarten. Eine Ecke der meisten "Pickerl" bliebt ohne Klebstoff - damit das Abziehen leichter fällt.

(dpa)
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