Türöffner zum Management Mit einer Traineestelle in den Job starten

Stuttgart · Verschiedene Abteilungen in der Firma kennenlernen und dabei ein Netzwerk knüpfen: Das bieten Traineestellen. Firmen nutzen sie, um Führungsnachwuchs zu rekrutieren. Von Bewerbern wird jedoch einiges verlangt.

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Foto: gms

Erst musste sie einen Online-Fragebogen ausfüllen, dann an einem Assessment-Center teilnehmen: Trainee bei dem Autobauer Daimler zu werden, ist nicht leicht. Yvonne Seidel, 32, hat es geschafft. Sie hat an der Universität Ulm in physikalischer Chemie promoviert. "Danach hätte ich auch an der Uni bleiben können, doch die Arbeit war nur für das Papier. Ich wollte greifbare Resultate", sagt sie. Darum heuerte sie bei Daimler an.

Direkteinstieg oder Traineestelle? Diese Frage stellt sich manchem nach dem Hochschulabschluss. Traineeprogramme sind eine Ausbildung für angehende Führungskräfte. Sie dauern in der Regel zwischen 15 und 18 Monaten. Meist richten sie sich an Studenten, die ihr Studium sehr erfolgreich abgeschlossen haben, sagt Constanze Wachsmann. Sie ist Mitglied der Geschäftsleitung der Personalberatung Kienbaum in Dresden.

Der Vorteil einer Traineestelle ist, dass die Berufseinsteiger in ihrer Ausbildung mehrere Abteilungen im Unternehmen durchlaufen. Das bietet ihnen die Möglichkeit, sich in der Firma gut zu vernetzen, erklärt Wachsmann. Außerdem können sie später bei ihrer Arbeit besser nachvollziehen, was die Interessen der anderen Abteilungen sind. Der Nachteil gegenüber dem Direkteinstieg kann für Berufseinsteiger sein, dass sie zunächst weniger Geld verdienen.

Oft sei ein Traineeprogramm jedoch ein Karrieresprungbrett, erklärt Wachsmann. "Bei klassischen Programmen erhalten Trainees eine generalistische Ausbildung und eignen sich schnell für die Übernahme von Mitarbeiterverantwortung." Für die Firmen bieten sie die Möglichkeit, die Stärken des Berufseinsteigers zu identifizieren und sie zu fördern. Daimler stellt schon seit mehreren Jahrzehnten Trainees ein und bildet sie zu Führungskräften aus. "Dazu gehört ein Grundgerüst mit Lernmodulen für alle, andere Ausbildungsinhalte werden individuell zusammengesetzt", erklärt Peter Berg. Er ist zuständig für das konzernweite Trainee-Programm Career.

Gesucht sind bei Daimler vor allem Ingenieure und Informatiker, die sich mit Themen wie alternativen Antrieben, Leichtbau und Fahrerassistenzsystemen auskennen. "Aber in einem Konzern unserer Größe werden viele verschiedene Kenntnisse benötigt, daher beschränkt sich die Suche nicht auf die beiden Fachrichtungen", erläutert Berg. Die ehemalige Trainee Seidel schätzt, dass sie während ihrer Ausbildung viele Abteilungen kennengelernt hat. "Man versteht, wie die Kollegen in anderen Bereichen denken und kennt viele Menschen", sagt sie.

Ein Traineeprogramm sei eine "Deluxe-Ausbildung", sagt Lukas große Klönne. Er hat einen Ratgeber zum Thema Trainee geschrieben und betreut die Webseite trainee-gefluester.de. Doch Berufseinsteiger sollten sich das Programm im Detail genau ansehen. Allgemeine Regularien, wie eine Traineestelle aussehen muss, gibt es nicht. Unter den Anbietern sind unter Umständen auch schwarze Schafe, die sich weniger um die Ausbildung kümmern, sondern eher billige Arbeitskräfte suchen. Er rät Bewerbern nachzufragen, wie hoch die Übernahmequote ist.

Kein Anhaltspunkt sei dagegen die Ausbildungsdauer. Die längsten Programme seien nicht zwingend die besten, erklärt große Klönne. Er empfiehlt, sich den Inhalt des Programms anzuschauen. Wer sich für eine Traineestelle interessiert, muss allerdings einiges mitbringen. "Vor allem Absolventen der Betriebswirtschaftslehre und der Ingenieur- und Naturwissenschaften sind sehr gefragt", erläutert Wachsmann von Kienbaum. Einige Unternehmen setzten außerdem mehrere Praktika und einen Auslandsaufenthalt voraus. Auch Sprachkenntnisse seien wichtig.

Peter Berg von Daimler betont, das Gesamtprofil müsse stimmen und der Bewerber authentisch sein. "Wir wollen natürlich Leidenschaft für das Automobil sehen, aber ein Kandidat muss auch den Wunsch haben, Innovationen voranzutreiben." Auch Soft Skills sind wichtig. Berg erwartet Teamgeist sowie Kommunikations- und Konfliktfähigkeit. Wer sich für einen Direkteinstieg entscheidet, hat dadurch aber nicht zwingend Nachteile. Grundlage für Karrieren im Unternehmen sei die Leistung, sagt Berg. Der Vorteil von Trainees sei, dass sie im Unternehmen stärker sichtbar sind.

Für Yvonne Seidel war das Programm genau das richtige: "Ich habe Erfahrungen gemacht, die mich persönlich und im Job vorangebracht haben", sagt sie. "Und jetzt habe ich genau das, was ich wollte." Das ist eine Stelle als Projektleiterin in der Vorentwicklung von Hochvolt-Batteriesystemen für alternative Antriebskonzepte bei Daimler in Ulm.

(dpa)
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