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Von der Legende des "Patienten Null" bis heute Vor 20 Jahren: Aids erschütterte die Welt

Berlin (rpo). Als die ersten Patienten Anfang der achtziger Jahre mit einer tödlich verlaufenden Virusinfektion in die Artzpraxen kamen, waren die Mediziner zunächst ratlos. Erst 1983 wurde die Ursache ihrer Krankheit entdeckt: HI-Viren. Am 23. April 1984 stellten die US-Behörden erstmals ihre Erkenntisse über die neue Krankheit vor.

Es handelte sich um einen erworbenen Immundefekt, auf englisch: Acquired Immune Deficiency Syndrome, kurz Aids. Die sich global ausbreitende Krankheit hat UN-Angaben zufolge bis heute über 20 Millionen Menschen das Leben gekostet hat, weltweit sind 40 Millionen Menschen mit einem der HI-Viren infiziert. In Deutschland leben laut Schätzungen des Robert-Koch-Instituts zwischen 40 und 45 tausend Menschen mit dem HI-Virus im Blut.

"Schwulenpest"

Da zunächst meist homosexuelle Männer an der merkwürdigen, tödlich verlaufenden Epidemie, die mit einer seltenen Form von Hautkrebs oder einer seltsamen Lungenentzündung begann erkrankten, wurde sie auch anfangs "Schwulenpest" genannt. 1981 veröffentlichte der US-Virusforscher Michael Gottlieb in der Zeitschrift "Morbidity and Mortality Weekly Report" einen ersten Artikel. Doch der Ursprung und der genaue Übertragungsweg der Krankheit lagen noch völlig im Dunkeln.

Bald fanden die Forscher heraus, dass es das Krankheitsbild in Afrika bereits seit den 60ern gab. Doch dort waren auch heterosexuelle Männer und Frauen infiziert. Dann wurden erste Krankheitsfälle bei Drogenabhängigen und Blutern entdeckt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Aids zumindest über die Blutbahn transportiert wurde, schien bald Gewissheit.

US-Virologen, darunter eine Gruppe um den Forscher Bill Darrow interviewten erkrankte homosexuelle Männer. Drei von ihnen in Los Angeles berichteten unabhängig voneinander über einen jungen kanadischen Steward namens Gaetan Dugas, mit dem sie Sex hatten. Immer mehr Befragte erinnerten sich daran, dass sie mit dem Flugbegleiter sexuellen Kontakt hatten. Viele davon am 4. Juli 1976 bei der 200-Jahrfeier in New York, eine der gigantischsten, ausschweifenden Partys, die die Stadt je erlebte.

Es entwickelte sich die Legende von "Patient Null" (Patient Zero). Darrow und seine Kollegen entwarfen ein Diagramm, auf dem sie die sexuellen Kontakte Dugas zurückverfolgten. Mindestens 40 der ersten 248 Aids-Opfer bis April 1982 hatten Sex mit ihm oder einem seiner Partner. Ende 1983 findet Darrow ihn in einem New Yorker Krankenhaus. Zu diesem Zeitpunkt hatte Dugas nach eigenen Angaben bereits mehr als 2500 Sexualkontakte.

Zweifel an Theorie

Doch die These Darrows, er habe den ursprünglichen Träger der Krankheit ausgemacht, der das Virus in die USA eingeschleppt habe, wird von vielen seiner Kollegen bezweifelt. Da die Inkubationszeit von Aids zwischen acht und zehn Jahren beträgt, hätten die Anfang der 80er Jahre beobachteten Todesfälle eine Infektion in den frühen 70ern als Ursache haben müssen, also Jahre vor den Dugas zugerechneten Kontakten. Und trotz seiner erheblichen Promiskuität könnte der Steward nicht allein oder der erste Träger des Virus in den USA gewesen sein.

Wer dies letztendlich war, wird sich nie klären lassen. Dugas starb im März 1984 in einem New Yorker Krankenhaus. Wenige Tage später traten Darrow und seine Kollegen vor die Öffentlichkeit.

Doch es dauerte noch ein weiteres Jahr, bis die Welt ernsthaft aufhorchte. Zuvor hatten noch absurde Verschwörungstheorien zur Zeit des Kalten Krieges die Runde gemacht - CIA oder KGB hätten im Kampf gegen den Klassenfeind ein neues Virus entwickelt - und das Gerede über den "Schwulenkrebs" hielt an. Bis sich am 25. Juli 1985 der als untadelig geltende US-Schauspieler Rock Hudson als todkranker Homosexueller outete. Heute gehen die Wissenschaftler davon aus, dass das Virus ursprünglich von einer Schimpansenart stammt.

Rock Hudson starb im darauffolgenden Oktober. Es dauerte noch zehn Jahre, bis es erste nennenswerte Erfolge durch Medikamente gab, mit denen sich der Ausbruch der immer noch unheilbaren Krankheit für ein paar Jahre hinauszögern lässt.

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