Reiner Gilles "Wären gerne bunte Feuerwehr-Truppe"

Geldern · Der stellvertretende Kreisbrandmeister zur Personallage der Freiwilligen Feuerwehren. Noch sind sie gut aufgestellt, doch die geburtenschwachen Jahrgänge kommen. Verstärkt sollen Menschen mit Migrationshintergrund angesprochen werden.

 Vor ziemlich genau zwei Jahren brannte ein Einfamilienhaus an der Lupoldstraße in Geldern aus. Gemeinsam mit Polizei und Rettungskräften war die Feuerwehr hier mit circa 60 Personen im Einsatz.

Vor ziemlich genau zwei Jahren brannte ein Einfamilienhaus an der Lupoldstraße in Geldern aus. Gemeinsam mit Polizei und Rettungskräften war die Feuerwehr hier mit circa 60 Personen im Einsatz.

Foto: Seybert

Welche Schulnote geben Sie der Personalausstattung der Freiwilligen Feuerwehren?

Gilles Derzeit eine glatte Zwei, da wir gut aufgestellt sind. Jedoch weiß ich nicht, wie sich das in den nächsten zwei, drei Jahren entwickelt. Denn es wird allgemein immer schwieriger, Freiwillige für das Ehrenamt zu gewinnen und den Nachwuchs zu halten. Zudem kommen auch die geburtenschwachen Jahrgänge hinzu.

Wo gibt es die größten Probleme?

Gilles Bei der Tagesverfügbarkeit, die sich mehr und mehr einschränkt. Allerdings versuchen wir das zu kompensieren, indem wir Wehrkräfte aus anderen Feuerwehren, die am Ort arbeiten, einsetzen. Zum Beispiel, wenn jemand in Geldern wohnt, aber in einem Büro in Walbeck tätig ist. Somit wird die Alarm- und Ausrückeordnung tagsüber geändert. Um das Personal zusammen zu bekommen, rücken statt einer zwei oder mehrere Einheiten aus.

Wie groß ist das Interesse von Kindern und Jugendlichen an der Feuerwehr?

Gilles Gott sei Dank sehr groß. Das merken wir vor allem bei der Brandschutzerziehung in Kindergärten und Schulen. In Geldern wird diese zum Beispiel durch die hauptamtlichen Gerätewarte durchgeführt. Auf die Frage, was die Kinder werden wollen, fällt immer wieder das Stichwort "Feuerwehrmann". Zum Glück hält das Interesse an. Daher sind die Jugendabteilungen ziemlich voll und es gibt Wartelisten.

Wie groß ist die Übergangsquote von der Jugend- in die Aktiven-Abteilung?

Gilles Die liegt bei 60 bis 70 Prozent.

Welche Instrumente werden für die Nachwuchswerbung eingesetzt?

Gilles Hierzu nutzen wir gerne die Kontakt- und Öffentlichkeitsarbeit mit der Presse vor Ort, das Internet sowie soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter. Zudem haben wir auf der Internetseite des Kreisfeuerwehrverbands die kommunalen Feuerwehren mit dem Stichwort "Mitglied werden" verlinkt.

Wie werben Sie um Erwachsene? Es gab in Emmerich zum Beispiel vor Jahren die Überlegungen einer Zusatzrente oder eines verbilligten Eintritts in Bäder und Museen.

Gilles Der Verband der Feuerwehren in NRW führt jedes Jahr besondere Aktionen durch, wo beispielsweise Mitgliedern der Feuerwehren vergünstigte Angebote wie Eintritt zum Freizeitpark gemacht werden. Auch bieten verschiedene Städte und Gemeinden ihren Feuerwehren vergünstigten oder auch freien Eintitt zu städtischen Einrichtungen an. So, wie in Frankfurt am Main Feuerwehrleute freien Eintritt in Bäder erhalten, um somit das Ehrenamt zusätzlich zu fördern.

Beim Deutschen Feuerwehrverband läuft die Kampagne, verstärkt Menschen mit Migrationshintergrund anzusprechen.

Gilles Eine Kampagne, die wir unterstützen und im Kreis Kleve bereits umgesetzt wird. Eine wertvolle Hilfestellung, wenn diese Kräfte bei Einsätzen auf Landsleute treffen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, und so, wie bereits bei der Polizei Alltag, vermitteln können. Wir würden uns freuen, wenn wir eine bunte Truppe werden. Feuer und seine Bekämpfung sind überall gleich, das zeigte sich zuletzt bei den "Rescue days".

Der Deutsche Feuerwehrverband hat auch angeregt, das Eintrittsalter in Kinderfeuerwehren von zehn auf sechs Jahre zu senken. Ist das gut?

Gilles Da befindet sich der Verband der Feuerwehren in NRW derzeit noch in der Aufbauphase, so dass wir Konzepte in diese Richtung wie ein spielerisches Vorstadium der Brandschutzerziehung nur begleiten können.

Was wünschen Sie sich beim Verhältnis von den Arbeitgebern zu ihren bei der Freiwilligen Feuerwehr tätigen Angestellten?

Gilles Natürlich ein harmonisches. Denn was nutzt es, wenn der Arbeitgeber nach dem Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetz verpflichtet ist, seinen Mitarbeiter freizustellen, es aber nicht unbedingt einsieht, ihn während der Arbeitszeit für einen Einsatz freizustellen, obwohl er die Kosten für den Ausfall erstattet bekommt. Zudem ist ein ausgebildeter Feuerwehrmann in der Regel technisch versiert und kennt sich in der Ersten Hilfe aus. Das sind durchaus Aspekte, von denen auch der Arbeitgeber der Feuerwehrleute profitieren kann.

MICHAEL KLATT STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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