Attila Hildmann Der Pionier der fleischfreien Kochkultur

Attila Hildmann hat sich vom bekennenden zu einem der bekanntesten Veganer Deutschlands hochgekocht. Seine zahlreichen Bücher enthalten schmackhafte Rezepte, die ganz ohne Fisch und Fleisch auskommen und auf Genuss statt Verzicht zielen. Der 33-Jährige ist überzeugt, mit der richtigen Ernährung den eigenen Körper in einem Monat in Form bringen zu können. Er hat es selbst vorgemacht.

Wie haben Sie die Umstellung auf eine vegane Ernährung selbst erlebt?

Hildmann: Die erste Zeit als Veganer war hart. Viel härter übrigens als es das heute wäre. Es gab kaum vegane Alternativen zu Standard-Produkten, keine fein ausgetüftelten Rezepte und auch niemanden im Bekanntenkreis, der vegan ernsthaft als Ernährungsform in Erwägung zog. Ich war so entspannt wie ein grünes Marsmännchen in einer Menschenmenge. Und die Nähe zu den wenigen "Überzeugungs- Veganern" schien mir auch nicht erstrebenswert, weil sie Veganismus wie eine Religion praktizierten. Ich wollte gesund bleiben, abnehmen und nichts mehr essen, was mit Massentierhaltung und Fleischskandalen zu tun hat. Aber ich wollte mich nicht einer kämpfenden Untergrundbewegung anschließen, die Andersdenkende attackiert.

Wie haben Sie das Problem gelöst?

Hildmann: Ich habe mich an den Herd gestellt und Rezepte entwickelt, erst für mich, dann für Freunde und heute für Hunderttausende. Die Regale in den Bioläden, Reformhäusern und sogar Supermärkten füllen sich seither nach und nach mit veganen Alternativen, viele davon sogar in Bioqualität. Es dauert wohl nicht mehr lange, dann gibt es im Restaurant ganz selbstverständlich vegane Gerichte auf der Karte. Vegan ist mitten in der Gesellschaft angekommen.

Was hat die Ernährungsumstellung an Ihnen verändert?

Hildmann: Eigentlich hat "vegan" mein ganzes Leben verändert. Zunächst mal hat eine körperliche Metarmorphose vom einer bewegungsarmen Coachpotato zum Triathleten begonnen. Meine Blutwerte und meine Kondition sind heute top, damals waren sie katastrophal. Darüber hinaus haben meine Kochbücher und meine Medienpräsenz auch meinen Alltag stark verändert, was ich auch meiner veganen Ernährung verdanke. Ohne vegane Ernährung wäre also nichts so wie es jetzt ist. Und das wäre sehr schade!

Worauf achten Sie besonders?

Hildmann: Seit fast 15 Jahren versorge ich meinen Körper so optimal wie es nur geht, weil ich merke, dass sich das lohnt. Dazu gehört für mich zunächst der Verzicht auf alles, was nicht chemiefrei ist, aber auch der Genuss, denn es muss vor allem auch Spaß machen. Nur während ich früher eine Döner mit einem Liter Cola als puren Genuss empfand, liebe ich es heute, handverlesenes Biogemüse genial zuzubereiten und mir danach einen Matcha-Shake zu gönnen.

Wie wichtig ist Genuss für Sie?

Hildmann: Genuss beginnt für mich heute damit, dass ich mir bewusst bin, dass ich etwas essen und trinken möchte, das mir richtig gut tut. Da passt dann einfach keine Currywurst mehr rein in diesen Gedanken. Zudem sind mir Tiertransport und Haltebedingungen in der Massentierhaltung so sehr zuwider, dass ich schon deswegen keine tierischen Produkte verzehre. Manche Menschen können das weitgehend ausblenden, ich kann es nicht. Mir ist es wichtig, den Genuss bei der veganen Ernährung zu vermitteln. Jedes Essen zählt. Es geht nicht um "ganz oder gar nicht". Ein bisschen vegan ist schon mal ein richtiger Schritt und ein gute Richtung. Der Rest kommt von selbst, wenn die Zeit gekommen ist. Früher haben eigentlich fast alle Menschen geblockt bei dem Thema vegan, weil sie von dem Anspruch und Auftreten der selbsternannten Vorzeige-Veganer verschreckt waren. Heute sind sie neugierig geworden und probieren. Und es schmeckt ihnen. Jetzt hat vegane Ernährung tatsächlich eine Chance, irgendwann in der breiten Masse anzukommen.

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