Düsseldorf Bald Flüchtlingsschiffe auf dem Rhein

Düsseldorf · In Düsseldorf könnten bald die ersten schwimmenden Flüchtlingsheime festmachen. In den Kommunen wächst die Verärgerung über die kurzfristige Zuweisung von Asylbewerbern. Ein Bürgermeister spricht von einem Skandal.

 Solche Hotelschiffe könnten bald auch als Flüchtlingsunterkunft dienen.

Solche Hotelschiffe könnten bald auch als Flüchtlingsunterkunft dienen.

Foto: dpa

Am Rheinufer in Düsseldorf könnten schon bald schwimmende Flüchtlingsheime festmachen. Verantwortliche im Rathaus der Landeshauptstadt verhandeln derzeit mit "Consulting Partner", einem Bremer Immobilienunternehmen, das Hotelschiffe vermittelt. "Unsere Stadt hat viel Uferfläche, weshalb sollten wir die nicht nutzen", fragt die Düsseldorfer Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch. Angefragt sind Schiffe mit mehr als 100 Plätzen. Sie haben Zweibett- und Einzelkabinen, Sanitärräume, eine Bordküche und Gemeinschaftsbereiche. Sie entsprechen also genau den erforderlichen Standards. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen, aber die Unterbringung auf solchen Schiffen könnte für die Stadt deutlich preisgünstiger sein als in Hotels, in denen derzeit rund 900 Flüchtlinge untergebracht sind.

Die Stadt Düsseldorf setzt bei der Unterbringung neben "Flüchtlingsschiffen" auch auf zwei Traglufthallen. Jede hat eine Größe von 72 mal 36 Metern und bietet Platz für jeweils 300 Personen. Sie sind unterteilt in jeweils 50 Doppel-Schlafkabinen, sind beheiz- und belüftbar und lassen 70 Prozent Tageslicht durch. Die Kosten liegen bei 95 000 Euro pro Halle und Monat (inklusive Einrichtung). Ab der letzten Septemberwoche sollen sie beziehbar sein.

Landesweit prüfen die Kommunen derzeit alle Möglichkeiten, um Flüchtlinge halbwegs menschenwürdig unterzubringen. "Wir suchen händeringend nach Unterkünften, die den gesetzlichen Anforderungen genügen", sagte der Kämmerer einer großen Stadt im Ruhrgebiet. "Wir haben zwar genügend leerstehende Gebäude wie Schulen und Hochhäuser, die meiner Meinung nach in gutem Zustand sind, aber nicht die Brandschutzauflagen erfüllen", sagte er. Wie dramatisch die Lage mittlerweile ist, zeigt sich daran, dass es längst als normal betrachtet wird, die Asylsuchenden in Turnhallen, Zelten und Containeranlagen einzuquartieren. Neuerdings greifen Kommunen in ihrer Not auch auf Schulgebäude zurück, die in den Sommerferien leerstehen. So wohnen etwa in Aachen in einem Gymnasium 140 Flüchtlinge in den Klassenzimmern. Der Katastrophenschutz richtete die Räume mit Betten und den nötigsten Gegenständen ein. Stadtsprecherin Evelin Wölk erklärt: "Wir mussten zu dieser Maßnahme greifen, weil das Land uns kurzfristig gebeten hat, 300 zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen." Bis zum Schulstart, versichert sie, haben die Flüchtlinge das Gymnasium wieder verlassen.

In Köln sollen 1000 Flüchtlinge auf einem Parkplatz am Fühlinger See einquartiert werden. Nach Angaben der Bezirksregierung Köln soll das in ein bis zwei Wochen geschehen. Möglicherweise würden die Menschen dort in riesigen Zelthallen untergebracht.

In Bochum erwägte man zuletzt, ein Containerdorf mitten auf einem Friedhof zu errichten. Eine Stadt im Rheinland plante sogar, Flüchtlinge in einer Turnhalle einzuquartieren, die gleichzeitig aber weiterhin vom Schulsport genutzt werden sollte. So hätte die Halle in der Mitte mit einer provisorischen Trennwand geteilt werden können. Auf der einen Hälfte sollten die Asylsuchenden schlafen, während auf der anderen Seite Kinder Basketball oder Fußball spielen. Als der Plan an die Öffentlichkeit geriet, nahm die Stadt Abstand davon.

In etlichen Kommunen herrscht Verärgerung über die sehr kurzfristige Aufforderung, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Der Bürgermeister der Stadt Bergisch Gladbach, Lutz Urbach (CDU), beschwert sich in einem Schreiben an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) darüber, dass er "mit einem Vorlauf von weniger als 36 Stunden" 150 Flüchtlinge unterbringen soll. Dies sei eine Zumutung, betont Urbach in dem Schreiben. Weiter heißt es darin: "Das Land trägt das Flüchtlingsproblem auf dem Rücken der Kommunen aus. Das ist absolut inakzeptabel, mehr noch, es ist ein Skandal." Der Bürgermeister fordert die Regierungschefin auf, die "Behörden anzuweisen, auf solche Ad-hoc-Zuweisungen zu verzichten". Für Bergisch Gladbach wäre es zudem hilfreich, so Urbach, wenn das Land die eigene Immobilie - es handelt sich um ein Forsthaus - für die Flüchtlinge zur Verfügung stellen würde.

Zuvor hatte in dieser Woche auch schon Krefelds Stadtdirektorin Beate Zielke wegen der Flüchtlingszuteilung offen Kritik an der Landesregierung geübt. Sie bemängelte besonders, dass die Kommunen viel zu spät darüber informiert würden, wenn sie Flüchtlinge aufnehmen müssten. Die Abläufe seien "sehr unorganisiert", sagte sie.

Der CDU-Kommunalexperte André Kuper forderte die rot-grüne Landesregierung auf, endlich einen Krisenstab zu bilden, an dem die Ministerien für Inneres, Gesundheit, Bauen und Finanzen beteiligt sein müssten.

(RP)
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