Düsseldorf "Der 12. Mai wird unser Schicksalstag"

Düsseldorf · Ein armenischer Arzt beginnt heute ein Praktikum im Marienhospital, seine Frau studiert Pharmazie an der Uni: Aber sie haben noch immer keine Aufenthaltserlaubnis. Die Entscheidung fällt in der kommenden Woche.

 Levon Cholakhyan ist Chirurg. Heute beginnt sein Praktikum im Marienhospital.

Levon Cholakhyan ist Chirurg. Heute beginnt sein Praktikum im Marienhospital.

Foto: Andreas Bretz

Heute Morgen wird Levon Cholakhyan etwas tun, das er lange entbehrt hat: Er wird einen Arztkittel anziehen und in einem Düsseldorfer Krankenhaus seinen Dienst antreten. Dass dies nur ein befristetes Praktikum ist, nimmt er hin. Vor drei Jahren ist der Chirurg, später auch seine Frau Varduhi, aus Armenien geflohen, seitdem kämpfen die beiden dafür, in Düsseldorf bleiben zu dürfen. Nach einem Bericht in der RP fanden sie etliche Unterstützer, vieles haben sie bisher erreicht - aber zum Happy End fehlt noch immer das entscheidende Dokument: die Aufenthaltserlaubnis.

 Varduhi Cholakhyan ist Apothekerin. Damit ihre Ausbildung anerkannt wird, studiert sie noch drei Semester Pharmazie.

Varduhi Cholakhyan ist Apothekerin. Damit ihre Ausbildung anerkannt wird, studiert sie noch drei Semester Pharmazie.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Zur Erinnerung: Levon (30) und Varduhi (25), die mittlerweile einen kleinen Sohn haben, sind illegal in Düsseldorf. Der Mediziner berichtet, dass er als Oppositioneller in Armenien mehrfach verhaftet und von der Polizei "halb totgeprügelt" worden sei. Da er in Düsseldorf ein Jahr zuvor als Arzt im Praktikum gearbeitet hatte, kam er hierher und stellte für sich und seine Frau Asylanträge. Beide wurden abgelehnt. Die Behörden glaubten ihm nicht, obwohl Amnesty International bestätigte, dass Oppositionelle in Armenien mit gewalttätigen Angriffen rechnen müssen. "Man meint wohl, ich sei hier, um ein besseres Leben zu führen", so Levon. Aber wirtschaftlich hätten er als Arzt und seine Frau als Pharmazeutin in ihrer Heimat keine Probleme gehabt. "Ich bin hier aus einem einzigen Grund: um mein Leben zu retten."

Dass sie gegen die Ablehnung des Asylantrags hätten klagen können, erfuhren sie erst durch Oliver Ongaro, Vorstandsmitglied der Düsseldorfer Flüchtlingsinitiative "Stay", der sich um die Familie kümmert - aber da war es schon zu spät. Zwei Jahre lebten die beiden in ständiger Angst, abgeschoben zu werden, bis sich der Petitionsausschuss des Landtags im Oktober 2014 dafür aussprach, dass sie vorläufig bleiben dürfen. Ausschlaggebend war vermutlich, dass Levon zu diesem Zeitpunkt vom Marienhospital bereits die Zusage hatte, dass er ein Praktikum beginnen kann. Die Erlaubnis der Bezirksregierung für "eine vorübergehende Tätigkeit" erfolgte am 21. April. Nun kann sich der Chirurg ein halbes Jahr auf die "Kenntnisprüfung" vorbereiten, sie ist Voraussetzungen, um als Arzt in Deutschland zugelassen zu werden. Aber um einen festen Job zu bekommen, braucht er eben eine Aufenthaltserlaubnis.

"Wir haben schon so viel geschafft", sagt er mit vorsichtigem Optimismus. Er und seine Frau bestanden mit Bravour einen medizinischen Deutschtest. Varduhi, ausgebildete Apothekerin, studiert an der Uni noch einmal drei Semester Pharmazie, damit ihre armenische Ausbildung hier anerkannt wird. Auch Pässe besitzt das Paar, das ursprünglich ohne Papiere nach Deutschland eingereist war, mittlerweile wieder. Der Petitionsausschuss hatte darauf gedrungen, dass es sich um Papiere bemühen müsse. "Dazu hätten wir in die armenische Botschaft nach Berlin gemusst", meint Levon, "das hat uns Angst gemacht." Hilfreich war dabei Sahra Wagenknecht, Fraktionsvize der Linken im Bundestag mit Wahlkreis in Düsseldorf, die auf das Schicksal des Paares aufmerksam geworden war. Sie schrieb einen Brief an die armenische Botschaft - mit Erfolg. "An einem Einzelschicksal zeigt sich oft exemplarisch, wie problematisch der Umgang mit Flüchtlingen in unserer Gesellschaft ist. Umso mehr irritiert es mich, dass die Düsseldorfer Behörden trotz bester Qualifikation keine Aufenthaltserlaubnis erteilen."

Darauf warten Levon und Varduhi bisher vergeblich. Zwar hatte auch Oberbürgermeister Thomas Geisel in einem Schreiben das Ausländeramt ermuntert, in diesem Fall großzügig zu entscheiden, doch dort will man erst einmal abwarten. "Die Behörde hat wegen der illegalen Einreise des Paares keinen Ermessensspielraum", heißt es. Allerdings werde man sie nicht abschieben, bis der Petitionsausschuss am 12. Mai endgültig entscheidet. Levon: "Das wird unser Schicksalstag."

(RP)
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