Düsseldorf Wie Thomas Geisel sich selbst das Kanalnetz verkauft

Düsseldorf · Die Stadt gibt für 599 Millionen Euro ihre Abwasserkanäle ab – an eine eigene Tochter. Das bringt Geld für den Schulbau. OB Geisel sieht einen klugen Deal, die CDU einen "riskanten Verschiebebahnhof".

 Die Stadt verkauft ihrem eigenen Betrieb die Kanäle. Oberbürgermeister Thomas Geisel, in unserer Montage auf beiden Seiten des Verhandlungstisches, saniert auf diese Weise die Stadtfinanzen.

Die Stadt verkauft ihrem eigenen Betrieb die Kanäle. Oberbürgermeister Thomas Geisel, in unserer Montage auf beiden Seiten des Verhandlungstisches, saniert auf diese Weise die Stadtfinanzen.

Foto: Anna Zörner, RP-Foto: Hans-Jürgen Bauer

Die Stadt gibt für 599 Millionen Euro ihre Abwasserkanäle ab — an eine eigene Tochter. Das bringt Geld für den Schulbau. OB Geisel sieht einen klugen Deal, die CDU einen "riskanten Verschiebebahnhof".

Die zuletzt knappe Stadtkasse ist bald wieder gefüllt. Und das durch ein einziges Geschäft: Die Stadt überträgt ihr Kanalnetz an ihre eigene Tochterfirma, die für das Abwasser zuständig ist. Gestern erläuterten Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) und Kämmerin Dorothée Schneider die Details.

Worum geht es in dem Deal? Die Stadt hat im Jahr 2001 einen Eigenbetrieb für das Abwasser gegründet. Damals verblieben die Kanäle, die Klärwerke, die Pumpstationen und anderes Vermögen, mit dem der Betrieb arbeitet, aber bei der Stadt. Nun übernimmt der Stadtentwässerungsbetrieb (SEBD) die Anlagen. Er zahlt dafür 599 Millionen Euro in die Stadtkasse. Bis Jahresende soll das Geschäft abgeschlossen sein.

Wie errechnet sich der Preis? Da der Betrieb der Stadt gehört, kann der Preis nicht frei verhandelt werden, denn beide Seiten unterstehen dem Oberbürgermeister. Ein Gutachter hat das Entgelt bemessen ("Wiederbeschaffungszeitwert"). Bei einem Verkauf an einen Investor hätte man den doppelten Betrag erzielen können, so Schneider.

Wie kam es zu dem Geschäft? Das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP steht vor dem Problem, dass die Stadt nur noch über wenig Liquidität verfügt. FDP und Grüne wollen aber nicht, dass die Stadt Kredite für Investitionen aufnimmt. Der Kanal-Verkauf ist eine Möglichkeit, anders an Geld zu kommen.

Wie finanziert der Betrieb den Kauf? Über langfristige Kredite - die bei der Stadttochter verbleiben. Der Betrieb verfügt wie die Stadt über das beste Rating "Triple A". Bei der Planung wurde mit einem Zinssatz von 1,9 Prozent kalkuliert. Er könnte nach Auskünften von Banken noch besser werden. Der Betrieb soll trotz der Verbindlichkeiten weiter Geld für die Sanierung der Kanäle (jährlich bis 40 Millionen Euro) haben. "Der SEBD ist in der Lage, sein Substanzerhaltungsprogramm zu finanzieren", sagt Schneider. Dies sei im Interesse der Stadt, schließlich müsse diese im Zweifel einspringen.

Wofür wird der Ertrag verwendet? Das ist formal nicht festgelegt. Geisel und auch das Ampel-Bündnis verweisen in erster Linie auf die Investitionen in Schulen und Bäder.

Steigen die Gebühren? Ja und Nein. Die Politik hat festgelegt, dass der Verkauf nicht auf die Gebühren durchschlagen soll. Geisel und Schneider betonten, dass es dabei bleibt. Allerdings fügten sie hinzu, dass die Gebühren bald trotzdem steigen: Seit 2013 decken sie nur 90 Prozent der Ausgaben, den Rest bestreitet der Betrieb aus Rücklagen. Diese sind bald aufgebraucht.

Hat der Verkauf Nachteile? Ja.Der Stadt entgeht eine Einnahme. Bislang muss der Betrieb eine Pacht zahlen, für 2018 sind das 38 Millionen Euro. Geisel verweist aber darauf, dass diese sinkt (2029 nur noch 20 Millionen Euro) und ihr zudem Abschreibungen gegenüberstehen.

Was sagt die Opposition? Die CDU bemängelt, dass Geisel die Medien vor dem Rat informierte. Der soll am 13. Juli dem Deal zustimmen. Fraktionsvize Andreas Hartnigk spricht von einem "riskanten Verschiebebahnhof", schließlich hafte im Zweifel die Stadt. Die CDU beklagt zudem, dass die Stadt auf die sichere Pacht verzichtet.

(arl)
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