Gerresheim Mit dem Streichelzoo im Altenheim

Gerresheim · Pony Moritz, Esel Jonathan und die Wüstenrennmäuse Minnie und Mausi helfen den Senioren im Gerricusstift beim Erinnern.

 Einer der vielen Star-Gäste war gestern Frettchen Hugo. Er ließ sich bereitwillig streicheln, krabbelte aber auch in die eine oder andere Handtasche.

Einer der vielen Star-Gäste war gestern Frettchen Hugo. Er ließ sich bereitwillig streicheln, krabbelte aber auch in die eine oder andere Handtasche.

Foto: HAns-Jürgen Bauer

"Komisch hat der sich angefühlt", sagt Theresa Herbst und reibt die Finger aneinander. Die 100-Jährige hat gerade Esel Jonathan gestreichelt. Borstig sei das Fell gewesen, "einfach komisch". Eigentlich spricht Theresa Herbst nicht viel, ihre Ohren sind schlecht und sie versteht wenig. Aber bei Tieren kommt sie ins Reden: "Ich mag Tiere, ich hatte früher selbst einen Hund, mein Bruder hatte Kaninchen und Tauben." Sie ist mit Tieren aufgewachsen und kann nun, im Altenheim, zumindest hin und wieder welche streicheln.

 Theresa Herbst (100) mit Esel Jonathan, der sich geduldig kraulen ließ und sich gar nicht bockig zeigte.

Theresa Herbst (100) mit Esel Jonathan, der sich geduldig kraulen ließ und sich gar nicht bockig zeigte.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Das geht immer dann, wenn Gabi Weiherhorst mit ihrer mobilen Tierfarm unterwegs ist. Sie bringt Pony Moritz, Esel Jonathan, die Wüstenrennmäuse Minnie und Mausi, die Frettchen Hugo und Fips sowie sechs Kaninchen mit - und damit viel Leben ins Haus. Die Kaninchen sitzen gemütlich bei den Damen auf dem Schoß, die Frettchen huschen in die Handtaschen und der Esel lässt sich geduldig kraulen. Zum zweiten Mal ist die Tierpädagogin jetzt im Gerricusstift. "Am Anfang sind die meisten Leute sehr reserviert. Tiere sind im Seniorenheim-Alltag etwas ganz Neues", sagt die 49-Jährige. Doch langsam lernt sie die Bewohner und ihre Lieblingstiere besser kennen. "Die meisten älteren Leute mögen Kaninchen", sagt Gabi Weiherhorst. "Die sind ruhig, bleiben auf dem Schoß sitzen und sind kuschelig." Vor allem bei Leuten wie Theresa Herbst, die früher einmal selbst Tiere hatten oder immer tierlieb waren, wecke die Anwesenheit der Vierbeiner Erinnerungen und sie blühten geradezu auf.

"Hier kommt die Maus", sagt Gabi Weiherhorst und greift in eine der mit Streu gefüllten Boxen. Die Wüstenrennmäuse Minnie und Mausi flitzen über ihre Hand, ein älterer Mann im Rollstuhl verfolgt gespannt die Bewegungen der Nager. Mindestens einmal im Jahr lädt das Gerricusstift den mobilen Streichelzoo ein, sagt Angelika Fröhling vom Pflege- und Altenheim. "Zusätzlich kommt aber auch häufiger eine Hundeschule her. Und zwei unserer Mitarbeiterinnen haben eigene Hunde, die ab und zu auf der Station zu Gast sind", sagt Fröhling. Dann gehen die Pfleger gemeinsam mit Bewohnern und Hunden spazieren, bei bettlägerigen Patienten dürfen die Tiere sich auch mal auf die Bettdecke legen. "Das ist schön für alle, die gerne noch ein Tier hätten, aber hier keins halten können."

So ist es auch bei Margarete Dudka. Die 86-Jährige hat acht Jahre lang regelmäßig den Hund ihrer Tochter Jutta Reigenbach gehütet. "Sie hat unseren Snoopy heiß und innig geliebt", sagt Jutta Reigenbach. "Leider mussten wir den Hund vor einem Jahr einschläfern lassen." Für ihre Mutter sei der Tierbesuch also eine schöne Abwechslung, den Kontakt zu Tieren habe sie schon vermisst. Das merke sie vor allem am Blick ihrer Mutter, die Kaninchen Sandy unablässig streichelt: "Sie hat sonst einen sehr starren und leblosen Gesichtsausdruck", sagt Reigenbach. "Aber heute strahlt sie über das ganze Gesicht."

Nach rund zwei Stunden räumt Gabi Weiherhorst wieder das Feld und fährt mit den Tieren zu ihrem kleinen Hof nach Essen. Hier hat sie noch weitere Ponys und Nager: "Dann müssen nicht immer dieselben Tiere ran." Ihre nächsten Termine sind in Altenheimen, auf Geburtstagen und in Kinderhospizen.

(veke)
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