Duisburg Rubinstein: "Wir müssen in der Stadt präsent sein"

Duisburg · Der scheidende Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde sprach "als Privatmann" in Hochfeld.

In rund drei Monaten verlässt Michael Rubinstein, seit elf Jahren Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen, seinen Arbeitsplatz in Duisburg, um zum 1. Juli Geschäftsführer des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden Nordrhein zu werden, der seinen Sitz in Düsseldorf, Rubinsteins Heimatstadt, hat. Jetzt war Rubinstein Gast in der Hochfelder Veranstaltungsreihe "Thekenlatein. Gespräche & Kultur am Tresen", die von Dr. Michael Willhardt, Vorsitzender des Vereins "Zukunftsstadtteil", organisiert wird. Vermutlich war das einer der letzten öffentlichen Vorträge Rubinsteins in Duisburg.

Allerdings wies Rubinstein im vorangehenden Pressegespräch darauf hin, dass er hier nicht als Amtsträger und Repräsentant der Jüdischen Gemeinde, sondern als Privatmann gekommen sei. Er spreche deshalb nicht in offizieller Funktion, sondern aus rein subjektiver Perspektive, was deshalb nicht uninteressanter war.

Als er 2005 zum Geschäftsführer ernannt wurde, habe ihm der damalige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Jacques Marx, den Auftrag gegeben: "Hauchen Sie der Gemeinde Leben ein!" Darum habe er sich bemüht. Die jüdische Gemeinde hatte damals einen großen Wandel vollzogen. Nach der "Wende" im Jahr 1989 war die Gemeinde durch den Zuzug von osteuropäischen Menschen jüdischen Glaubens enorm gewachsen. Zählte die Gemeinde bis 1989 nur 118 Gemeindemitglieder, so waren es zehn Jahre später fast 3000. Davon seien 97 Prozent Zuwanderer. Bis zu Rubinsteins Amtsantritt gab es nur einen nebenamtlichen Geschäftsführer, der 2005 in Rente ging. Das Büro, das Rubinstein vorfand, verfügte nur über ein Fax und einen einfachen Kopierer.

Rubinstein kümmerte sich um einen ordentlichen Bürobetrieb und bemühte sich darum, dass die jüdische Gemeinde in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird. "Wir müssen in der Stadt präsent sein", so Rubinstein. Er ist überzeugt, dass die Jüdische Gemeinde hier in den vergangenen Jahren präsenter als viele andere jüdischen Gemeinden in Deutschland geworden ist.

Eine wichtige, durchaus positive Erfahrung sei seine Kandidatur als Oberbürgermeister gewesen. Bekanntlich hatte Rubinstein die Wahl nicht gewonnen, aber mit zwölf Prozent das drittbeste Ergebnis erzielt. Das vergleichsweise gute Ergebnis sei, ganz unabhängig von seiner Person, ein positives Zeichen dafür, dass er als "öffentlich bekannter Jude" von den Menschen akzeptiert worden sei. "Judenhass" habe er in Duisburg persönlich nie erfahren.

Sorge mache ihm zurzeit allerdings einerseits die Instrumentalisierung der Religion durch Islamisten, die sich auch gegen Juden richten, andererseits aber auch die Pegida-Anhänger, die sich islamfeindlich verhalten, auch wenn sie vorgeben, nur "islamkritisch" zu sein. Rubinstein: "Der Weg von der Herabsetzung einer Minderheit zur Herabsetzung der anderen Minderheit ist ganz klein." Ihm sei das friedliche Miteinander der Religionen sehr wichtig. Das Dialogbuch "So fremd und doch so nah - Juden und Muslime in Deutschland", das er 2013 zusammen mit der Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor veröffentlichte, sei für ihn eine Herzensangelegenheit.

In Duisburg gelinge das Miteinander der Religionen "auf Funktionärsebene" sehr gut. Er wünsche sich aber, dass ein ähnlich gutes Klima auch in den Gemeinden, den christlichen, den muslimischen und eben der Jüdischen Gemeinde zu spüren sei.

Dass so etwas gelingen kann, zeige der vor fünf Jahren in Duisburg eröffnete jüdische Kindergarten, in dem jüdische Kinder neben christlichen, muslimischen und nicht-religiösen Kindern spielen.

Nachfolger Rubinsteins in Duisburg wird Alexander Drehmann (36), der aus der Ukraine stammt, aber schon seit 20 Jahren in Deutschland lebt. Drehmann ist zurzeit Büroleiter der Jüdischen Gemeinde Aachen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort