Duisburg Studie zu Serien wie "CSI: Miami" & Co.

Duisburg · Kommunikationswissenschaftler der Uni Duisburg-Essen untersuchen in einem zweijährigen Forschungsprojekt, wie forensische Fernsehsendungen die Gesellschaft bei Sicherheits- und Kriminalitätsfragen beeinflussen.

 Prof. Dr. Jo Reichertz leitet das Forschungsprojekt.

Prof. Dr. Jo Reichertz leitet das Forschungsprojekt.

Foto: ude

Ein Familienvater entpuppt sich als Serienmörder, eine Hochschwangere wird zusammengeschlagen und ein Unfall auf menschenleerer Straße endet tödlich - jeden Abend erzählt das Fernsehen solche wilden Geschichten. Serien wie CSI:Miami, Autopsie Mysteriöse Todesfälle, Ermittlungsakte — Auf Spurensuche mit Ulrich Meyer oder Crossing Jordan sind extrem beliebt. Doch wie wirken sie auf die Gesellschaft? Das will ein neues Projekt an der Universität Duisburg-Essen (UDE) untersuchen. Kommunikationswissenschaftler hinterfragen "Die Mediatisierung der Sicherheitspolitik".

Werden Zuschauer zu potenziellen Detektiven, die den Polizisten demnächst erklären, wie sie ihren Job machen sollten? Und lernen Ganoven durch solche Serien, wie sie künftig noch raffinierter betrügen? Das sind nur zwei der unterschiedlichen Ansätze, die das Team um Prof. Dr. Jo Reichertz (Institut für Kommunikationswissenschaft) beschäftigen.

Moderern Gesellschaften sind durch eine tiefgreifende und umfassende Mediatisierung gekennzeichnet. Medien durchdringen fast alle Lebensbereiche und Welten einer Gesellschaft und gestalten diese mit.

Zu dieser Mediatisierung gehört auch und ganz wesentlich, so der Ausgangspunkt des Forschungsprojektes, dass die Medien, insbesondere das Fernsehen, nicht mehr nur informieren (oder auch irritieren), sondern dass sie sich auch — meist wohl aus ökonomischen Interessen — als eigenständige Akteure mit eigener Perspektive an gesellschaftlichen Entwicklungen beteiligen, mitunter sogar gestalten. Das gelte auch für die soziale Welt der Kriminalität und den Sicherheitsdiskurs.

Ein zunehmend wichtiger werdender Teil dieses Sicherheitsdiskurses sei, so die Konkretisierung des Forschungsvorhabens, die Thematisierung der forensischen, vornehmlich technischen Möglichkeiten der Verbrechensaufklärung.

Der "CSI-Effekt"

Die mittlerweile verbreitete Idee des "CSI-Effekts" (benannt der Fernseh-Serie) unterstellt, dass unser Bild von den Ermittlern ebenso wie das der Aufklärungsmethoden beeinflusst wird. Zeigt doch das Fernsehen allabendlich, wie es geht: Punktgenau - innerhalb einer Dreiviertelstunde - ist auch der komplizierteste Fall gelöst.

Die dargestellten Methoden der Spurensicherung können auf viele realistisch wirken und werden manchmal als forensisches "Wissen" in den Alltag übertragen. US-amerikanische Forscher glauben zum "CSI-Effekt" herausgefunden zu haben, dass in den USA Geschworene inzwischen regelmäßig eine DNA-Analyse fordern. Sie gelte als Allheilmittel, um die Täter zu entlarven. Es verwundere nicht, dass manche Anwälte ihre Plädoyers dann mit den Worten "Wir sind hier nicht bei CSI" beginnen.

Die Kommunikationswissenschaftler wollen klären, ob und wie die Medien durch ihre forensischen Formate die Gesellschaft gestalten. Wie stark ist ihr Einfluss, wenn um die Innere Sicherheit gestritten wird?

"Wir vermuten, dass die tiefgreifende Mediatisierung auch in der Kriminalität neue Handlungsrahmen, Normen und Orientierungsmuster schafft - für alle Akteure", fasst Professor Reichertz den Forschungsansatz zusammen.

Zunächst werden die TV-Serien und ihre Botschaften analysiert; anschließend sollen Experteninterviews zeigen, welche Rolle die Medien (z.B. Fernsehsender, Produktionsfirmen) bei der Aufklärung von Verbrechen spielen. Doch nicht nur Journalisten und Programmdirektoren werden befragt, sondern auch Staatsanwälte, Polizisten und Forensiker. Das zweijährige Vorhaben gehört zum Schwerpunktprogramm "Mediatisierte Welten" und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

(RP)
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