Rees Lebenshilfe blickt gebannt nach Berlin

Rees · Heute und morgen steht im Bundestag die Lesung des Bundesteilhabegesetzes an, das zum Januar in Kraft treten soll. Die Lebenshilfe hofft, dass ihre Forderungen erfüllt werden.

 Zeigen dem geplanten Gesetz die rote Karte: Sven Nowak, Marc Smits, Michael Slabosz und Sabrina Lohmann vom Rat der Lebenshilfe.

Zeigen dem geplanten Gesetz die rote Karte: Sven Nowak, Marc Smits, Michael Slabosz und Sabrina Lohmann vom Rat der Lebenshilfe.

Foto: Lebenshilfe

Es gehört zu den letzten Gesetzesvorhaben, die noch in diesem Jahr verabschiedet werden sollen - heute und morgen findet die Lesung des Bundesteilhabegesetzes im Bundestag statt. Am 16. Dezember soll es durch den Bundesrat verabschiedet werden. Eigentlich soll das Gesetz die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen stärken, doch Behindertenverbände quer durch die Republik sind gegen das Vorhaben Sturm gelaufen.

Auch die Lebenshilfe Unterer Niederrhein beteiligte sich an Protestaktionen unter dem Slogan "Teilhabe statt Ausgrenzung" vor dem Düsseldorfer Landtag (Oktober) und dem Brandenburger Tor (Anfang November). Ihr Kritikpunkt: "Wir wollen ein Gesetz, das die Rechte von Menschen mit Behinderungen tatsächlich stärkt und nicht schwächt", sagt Ole Engfeld, Sprecher der Lebenshilfe Unterer Niederrhein in Rees-Groin. Bliebe das Gesetz so wie es ist, hätte das schwerwiegende Folgen für viele Menschen mit geistiger Behinderung. "Ihre Lebensumstände würden sich verschlechtern", erklärt Engfeld.

Die Lebenshilfe hat insgesamt fünf Punkte an dem Gesetzeswerk ausfindig gemacht, die sie besonders stören. Dazu gehört etwa, dass Menschen mit Behinderungen künftig fünf von neun Kriterien erfüllen sollen, um eine Eingliederungshilfe zu bekommen. "Menschen, die nur eine leichte Behinderungen haben, erfüllen diese Kriterien nicht. Sie sind aber dennoch auf Unterstützung angewiesen, zum Beispiel, wenn es um Geldangelegenheiten oder Behördengänge geht", erläutert Engfeld. Michael Slabosz, selbst Betroffener, formuliert es so: "Wenn jemand etwas nicht kann, dann muss er doch erwarten dürfen, dass ihm geholfen wird. Es muss egal sein, wie viel Unterstützung oder wobei er Hilfe benötigt."

Zu den weiteren Kritikpunkten gehören die Deckelung für Wohnkosten, drastische Kürzungen von Pauschalen aus der Pflegeversicherung, eine Obergrenze für Sparguthaben für Bezieher von Eingliederungshilfen auf 2600 Euro und eine Art Gemeinschaftszwang beim Wohnen und der Freizeitgestaltung. Den sieht das Gesetz vor, wenn es um eine Gruppe von mehreren leistungsberechtigten Menschen geht, Die Lebenshilfe sieht darin eine Einschränkung des Wunsch- und Wahlrechts und des Rechts auf Selbstbestimmung - kurz, den eigentlichen Sinn des Gesetzes ad absurdum geführt. "Im Moment kann ich selbst entscheiden, was ich mache. Ich suche mir meinen Arbeitsplatz selbst aus und ich mache in meiner Freizeit, wozu ich Lust habe. Das ginge mit dem neuen Gesetz teilweise nicht mehr", weiß Sven Novak.

Er und Betroffene wie Sabrina Lohmann und Marc Smits setzen auf die Lebenshilfe: "Hier setzt sich jeder dafür ein, dass das Gesetz verbessert wird und wir keine Nachteile haben. Unsere Geschäftsführerin Frau Birnbacher und unser Vorstandsvorsitzender Werner Esser waren viel unterwegs. Sie haben mit vielen Menschen über das Gesetz gesprochen, auch mit Politikern. In unseren Einrichtungen hängen Plakate und wir wurden bei Veranstaltungen über das Gesetz informiert."

Die Lebenshilfe blickt jetzt gebannt nach Berlin "Das Gesetz hat bei Betroffenen und Angehörigen für viel Unruhe und Verunsicherung gesorgt", sagt Engfeld, der auf Nachbesserungen hofft.

(RP)
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