Geldern Shoaib: Vom Flüchtling zum Azubi

Geldern · Nach einem Aufruf in der RP meldeten sich Betriebe, die Shoaib Ahmad eine Chance geben wollen. Der 24-Jährige ist mit seinem Bruder aus Afghanistan geflohen. Seine neue berufliche Heimat ist ab heute bei Neyenhuys in Veert.

 Shoaib Ahmad mit seinem Ausbilder Hans-Gerhard Neyenhuys. Beim Veerter Unternehmen Neyenhuys hat der 24-Jährige die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Elektriker oder Anlagenmechaniker zu absolvieren.

Shoaib Ahmad mit seinem Ausbilder Hans-Gerhard Neyenhuys. Beim Veerter Unternehmen Neyenhuys hat der 24-Jährige die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Elektriker oder Anlagenmechaniker zu absolvieren.

Foto: Gerhard Seybert

Vorsichtig nimmt Shoaib Ahmad den Kugelschreiber in die Hand. Vor ihm liegt der Vertrag, der sein Leben für die nächsten Jahre verändern wird. "Da, da und da", erklärt ihm Hans-Gerhard Neyenhuys, wo er unterschreiben soll. Mit seiner Unterschrift besiegelt der ehemalige Flüchtling, dass er ab heute eine Einstiegsqualifizierung beim Veerter Unternehmen Neyenhuys beginnt, die ihn auch berechtigt, zur Berufsschule zu gehen. Den Schlüssel für seinen eigenen Spind mit Namensschild bekommt er ausgehändigt. So beginnt das Arbeitsleben des ehemaligen Flüchtlings.

Seit zwei Jahren ist Shoaib Ahmad in Deutschland. Gemeinsam mit seinem Bruder musste er aus seiner Heimat Afghanistan flüchten, nachdem der Vater von den Taliban erschossen wurde. Vor kurzem hat er die Aufenthaltsberechtigung erhalten und darf nun endlich offiziell arbeiten (die RP berichtete). "Die Geschichte hat mich emotional sehr berührt", sagt Nadja Neyenhuys. Auch ihr Mann hatte von dem Schicksal des jungen Mannes gelesen und wollte ihm eine Chance geben. Die Chance, in der neuen Heimat Fuß zu fassen, dazu gehört auch, Arbeit zu finden.

Gemeldet hatte sich unter anderem auch das Gast- und Weinhaus Zwiebelturm aus Nieukerk als möglicher Ausbilder.

Beim Veerter Unternehmen Neyenhuys hat der 24-Jährige die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Elektriker oder Anlagenmechaniker zu absolvieren. Indem sie den 24-Jährigen in ihrem Team aufnehmen, betreten Nadja und Hans-Gerhard Neyenhuys Neuland. "Mein Mann hat das ganz offiziell in der Frühbesprechung bekannt gegeben und auch gesagt, dass er Migrant ist", erzählt Nadja Neyenhuys über das erste Zusammentreffen zwischen "dem Neuen" und dem bestehenden Team. Die Reaktion: Er wurde gleich akzeptiert und wie ein Auszubildender behandelt. Ihr Mann findet lobende Worte.

"Er erkennt die Arbeit und fragt auch nach. Er will ziemlich viel wissen", sagt er über die Zeit des Praktikums. Klar hatten sie sich auch Sorgen gemacht, vor allem, was die Sprachkenntnisse angeht. "Ich war wirklich positiv überrascht, wie gut er Deutsch versteht und spricht", sagt Nadja Neyenhuys. Vor allem, wenn man bedenkt, dass er erst seit zwei Jahren in Deutschland ist. Einziger Wermutstropfen: Die schulische Ausbildung fehlt. Vom Vater hat Shoaib Ahmad den Beruf des Goldschmieds gelernt. Einen Schulabschluss, wie wir ihn kennen, hat er nicht gemacht. Aber den will er nachholen, per Abendschule an der VHS. Los geht der Kurs im Februar, im November 2015 könnte er schon fertig sein.

Was die Berufsschule angeht, da sieht das Ehepaar positiv und enthusiastisch in die Zukunft. "Wenn er Nachhilfe braucht, dann kriegen wir das auch noch hin", verspricht Nadja Neyenhuys. Von ihren Auszubildenden haben sie Shoaib einen "Patenonkel" zu Seite gestellt. Während der Qualifizierung geht es um den Erwerb von Grundkenntnissen. Am 1. August beginnt er ganz offiziell seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker.

Um dem Vorurteil entgegenzuwirken, dass Ausländer Ausbildungsplätze wegnehmen: Das ist nicht so. "Wir arbeiten seit mehreren Jahren mit den Schulen zusammen und machen dort regelmäßig einen Aushang", sagt Neyenhuys. Die Erfahrung habe gezeigt, dass viele Schüler lieber ein Studium als eine Ausbildung aufnehmen. "Dabei ist Handwerk goldener Boden für die Zukunft", sagt Neyenhuys.

Ahmad kann es immer noch nicht recht glauben, diesen Boden betreten zu haben. Schüchtern und bedächtig unterzeichnet er den Vertrag. "Was soll ich sagen?", wendet er an seine Ausbildungseltern. "Einfach danke, danke für alles."

Ein normales Leben in seiner neuen Heimat hat begonnen.

(bimo)
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