Grevenbroich Nachfrage nach "Herdprämie" nimmt zu

Grevenbroich · Nur in Neuss beantragen Eltern noch häufiger Betreuungsgeld als in Grevenbroich. Für Entspannung bei der Betreuung sorgt die Leistung nicht: Eltern wie Marlena Faber* überbrücken damit lediglich die Wartezeit auf einen Kita-Platz.

Damit hätte Klaus Teichert, Mitarbeiter im Jugendamt des Rhein-Kreises Neuss, nicht gerechnet: "Grevenbroich ist - mit 114 Anträgen in 2013 - nach Neuss (262) die Stadt, in der die meisten Eltern Betreuungsgeld beziehen." Und Teichert rechnet für dieses Jahr mit einer Steigerung: "Wir werden die Zahlen des Vorjahres auf jeden Fall übertreffen. Seit Beginn des Jahres wurden bereits 64 Anträge gestellt." Allerdings: "Es gibt immer noch Eltern, die das Betreuungsgeld nicht kennen", sagt Teichert.

Eine, die es kennt, ist Marlena Faber (27). Sie würde eigentlich gern in ihren Beruf zurückkehren. Das Problem: Sie ist nach Grevenbroich gezogen und für Tochter Zoé fehlt ihr nun ein Tagesstätten-Platz: "In Mönchengladbach hätte ich direkt einen bekommen können, in Grevenbroich nicht." Über den Kita-Navigator hat sich die junge Mutter angemeldet, doch bei der Stadtverwaltung habe man ihr erst einen Platz für das kommende Kita-Jahr in Aussicht gestellt. Deshalb nutzt Faber das Betreuungsgeld - wenigstens. "Ein Kita-Platz wäre mir allerdings lieber", sagt die junge Mutter.

Das Betreuungsgeld (auch "Herdprämie" genannt) können Eltern seit August 2013 in Anspruch nehmen, die ihren Nachwuchs nicht in eine Kindertagesstätte schicken oder von Tageseltern beaufsichtigen lassen. Voraussetzung: Der Nachwuchs wurde ab dem 1. August 2012 geboren. Es wird vom 15. Lebensmonat an maximal für 22 Lebensmonate gezahlt.

Kann das Betreuungsgeld Eltern motivieren, den Nachwuchs nicht in die Kita anzumelden? Könnte die Stadtverwaltung sparen, weil dadurch weniger U3-Plätze in Anspruch genommen werden? "Ob und in welchem Maß eine Beeinflussung von Betreuungsgeld und Kita-Nutzung stattfindet, lässt sich nicht sagen", erklärt Rathaus-Sprecher Andreas Sterken. Denn bei der Verwaltung ist nicht bekannt, wie alt die Kinder sind, und wie lange für sie Betreuungsgeld gezahlt wird: "Theoretisch kann es vorkommen, dass Eltern eine Zusage für einen Kita-Platz oder einen Kindertagespflegeplatz zum 1. Juni haben und für April und Mai 2014 noch schnell das Betreuungsgeld beantragen", so Sterken. Einige Eltern wiederum würden die maximal 22 Bezugmonate ausschöpfen, andere wiederum nur sechs Monate.

Auch Maria Luise Muske kennt das Thema Betreuungsgeld aus den Loslös-Gruppen, die sie in Gustorf betreut. "Viel häufiger sprechen aber die Mütter über den Mangel an Kindergarten-Plätzen in Grevenbroich." Auch ihre eigene Tochter würde gern wieder arbeiten, findet aber keinen Kita-Platz. Und das Betreuungsgeld helfe ihr ebenfalls nicht: Ihr Kind passe nicht in den vorgegebenen Zeitraum.

Marlena Faber hofft jetzt auf einen Kita-Platz für ihre Nadja. Das Thema "Geschwisterkind" hat die Familie erstmal verschoben: "Vielleicht in fünf Jahren", meint die Südstädterin. Denn ohne Betreuung kann Faber nicht wieder eine Arbeitsstelle im Büro annehmen. Auch die beiden Großmütter können ihr nicht helfen: "Die müssen selbst noch 20 Jahre arbeiten", sagt Faber. Und genau das würde sie gern auch - trotz Herdprämie.

*Name und Alter geändert

(NGZ)
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