Grevenbroich Schultheatergruppe "poco*mania" hat einen hohen Anspruch

Grevenbroich · Jede Schule, die etwas auf sich hält, nennt eine Theatergruppe ihr eigen. Das ist an der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule (KKG) nicht anders. Allerdings ist "poco*mania" anders als gewöhnliche Theatergruppen, unter anderem, weil hier nicht nur KKGler, sondern jeder mitmachen kann.

"Ganz wichtig ist uns, nicht bloß die Verzahnung zwischen Schülern aus den beiden Sekundarstufen zu realisieren. Wichtig ist die Öffnung nach außen", fasst Axel Mertens das grundsätzliche Konzept zusammen. Er muss es wissen, der Fachleiter Deutsch und Systemische Coach hat die Truppe 2002 gegründet. Castings gibt es keine, besetzt wird für die begehrten Rollen auf der Bühne ebenso wie für Arbeiten rund um die Inszenierung. "Was wir hier machen, hat nichts mit schlecht bemalter Raufasertapete zu tun", beschreibt er ästhetische Ansprüche vor und hinter den Kulissen. "Ich glaube, dass Schultheater die gleichen Ansprüche an Theater haben kann, wie ihn Profis setzen." Denn bei allem, was in dieser Formation entsteht, geht es um Kunst, nicht um Pädagogik.

Wenngleich bei den Proben natürlich neben dem Rüstzeug für den Auftritt mit Atem- und Sprechtechnik quasi nebenbei Tugenden wie Ausdauer, Verlässlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Selbstkritik vermittelt werden. "Wir lernen menschlich echt viel", sagt Gizem (18). Und Johnny (19) fügt hinzu, wie das Bewusstsein für andere durch die Theaterarbeit geschärft wird. "Ihr seid ein Orchester, keine Solisten", schärft Axel Mertens seinen Schauspielern ein und freut sich über "viel Identiätsstifdendes" der Gruppe.

Seit Januar erarbeitet das 12-köpfige Ensemble zusammen mit vier Technikern das Konzept zu "Nah, Fliege". Das Stück stammt nicht von irgendeinem Verfasser, die Gruppe hat es selbst entwickelt. Auch dieser "erfahrungsbezogene Ansatz, eigene Erlebnisse" mittels der verhüllten Selbstdarstellung zu thematisieren, ist typisch. Der Erfolg gibt ihnen recht. Bereits zwei Mal gab es Einladungen zum Theatertreffen nach Berlin ebenso wie zum Friedenstheatertreffen in Bosnien. Im September steht ein Auftritt in Belgien an. Auch dieses unterwegs sein hat Prinzip. Spielten die Darsteller ausschließlich vor heimischer Kulisse, wäre ihnen mit Verwandtschaft und Freunden im Publikum der Beifall stets sicher. Vor wirklich Fremden ist das Applausometer ehrlicher. Der Aufführung folgt ein so genanntes nachgefragt, bei dem die jungen Darsteller sich Publikumskritik im Gespräch stellen.

"Viel selbstbewusster" ist Gizim, seitdem sie schauspielert. Judith, die durchs Textlernen neuerdings "total leicht Vokabeln lernen" und sich merken kann, ist ebenfalls begeistert. Alle wollen das Schauspielern zukünftig beibehalten. Was ein weiteres Geheimnis des poco*mania-Erfolgs ist, wissen alle: "Wir machen kein Erklärtheater, sondern spielen auch politische Themen mit Witz und Charme."

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