Hilden Leserin findet RP vom 3. Oktober 1990

Hilden · Karin Kottolinsky will die historische Ausgabe zur deutschen Wiedervereinigung aufbewahren - für ihre Enkel.

 Karin Kottolinsky mit der historischen RP-Ausgabe. Als sie vor 25 Jahren die jubelnden Menschen am Brandenburger Tor im Fernsehen sah, habe sie vor Freude geweint, erinnert sich die 74-Jährige.

Karin Kottolinsky mit der historischen RP-Ausgabe. Als sie vor 25 Jahren die jubelnden Menschen am Brandenburger Tor im Fernsehen sah, habe sie vor Freude geweint, erinnert sich die 74-Jährige.

Foto: Olaf Staschik

Karin Kottolinsky (74) ist eine ordentliche Frau, die regelmäßig Sachen aussortiert, die nicht mehr benötigt werden. In der Nähe ihrer Wohnung an der Beethovenstraße steht seit kurzem eine "Give Box".

Dort landet jetzt vieles Aussortierte: "Altes Geschirr und Gläser zum Beispiel oder zwei T-Shirts, die nie richtig gepasst haben und quasi neu waren. Bisher war alles schnell weg, was ich dort abgegeben habe." Als sie kürzlich ihre Schubladen inspizierte, fand sie einen Stapel alter Zeitungen wieder. "Das waren die Ausgaben vom jeweiligen Tag der Geburt meiner Enkelkinder. Und dann war da noch die Rheinische Post vom 3. Oktober 1990. Die habe ich auch aufbewahrt." Wegen des Titels, wie sich herausstellt: "Deutschland ist wieder vereinigt", lautet die Schlagzeile.

25 Jahre ist das jetzt her: "Ich hatte ganz vergessen, dass ich die aufbewahrt hatte, aber als ich sie jetzt wieder gefunden habe, habe ich sie gleich noch einmal durchgeblättert." Karin Kottolinsky steht auf und holt die alte Zeitung. - Gut sieht sie noch aus: kaum vergilbt. Schwarz-weiß sind alle Fotos und das Schriftbild ist ein ganz anderes als das aktuelle. Die Rheinische Post vom 3. Oktober 1990 hatte zum ersten "Tag der deutschen Einheit" eine Sonderbeilage gedruckt.

Auch hier: nur Schwarzweiß-Fotos, von der Mauer, von Flüchtenden aus der DDR, von jubelnden Menschen am Brandenburger Tor nach der Wiedervereinigung. Karin Kottolinsky erinnert sich daran, wie sie weinend vorm Fernseher saß: "Mein Mann war auch Flüchtling. Er kommt aus Breslau und wir hatten damals noch eine Tante in Erfurt." Beide haben sich gefreut, als das geteilte Deutschland wieder vereinigt war.

Dann blättert sie durch den Lokalteil, der unter anderem verkündet: "Die Stadt muss zukünftig sparen." Kottolinsky sagt: "Damals war Ellen Wiederholt noch Bürgermeisterin in Hilden." Ehemann Paul Kattolinsy (78) steht ein wenig abseits. Sein Kommentar: "Ich bevorzuge die aktuelle Zeitung." - Es gibt drei Seiten Hilden und Haan in der alten Ausgabe sowie eine Kreisseite. Eine weitere Überschrift springt ins Auge: "Zuwendungen für Aussiedler, Asylanten und Sozialschwache".

Karin Kattolinsky erinnert sich an die Russlanddeutschen und die Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien. Die aktuelle Situation macht ihr "ein bisschen Angst". Kattolinskys sind "seit Ewigkeiten" Abonnenten der Rheinischen Post: "Ich kann ohne Zeitung nicht sein", erklärt sie. "Wir hatten sie mal abbestellt, um Geld zu sparen, aber dann haben wir sie doch wieder abonniert." Jeden Tag liest die ältere Dame "erst den Lokalteil und dann löse ich das Sudoku".

Die alte Zeitung will sie auf jeden Fall aufbewahren: "Unsere Enkel sind jetzt 12 und 13 Jahre alt. Wenn sie 18 sind, werde ich ihnen die Ausgaben von ihren Geburtstagen schenken und die vom 3. Oktober 1990." Zum Geburtstag gibt es ein Stück Zeit(ungs)geschichte.

(RP)
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