Kaarst Ein Abend mit einem "Multikulti-Ökospinner"

Kaarst · Zimperlich ist Hagen Rether nicht - das machte er im Albert-Einstein-Forum eindrucksvoll deutlich.

 Hagen Rether nahm lässig auf einem Bürostuhl Platz.

Hagen Rether nahm lässig auf einem Bürostuhl Platz.

Foto: kdi

Wer möchte schon hören, wie beschränkt er ist, dass er völlig falsch denkt, sein Lebensstil ruinös ist für ihn selbst und die Umwelt, dass nur alle zwei Jahre verreisen reicht und einiges mehr und das gut drei Stunden lang? Rund 500 Menschen waren es am Freitagabend im Albert-Einstein-Forum. Und sie lauschten Hagen Rether, der sein Dauerprogramm "Liebe" stetig variiert. Äußerlich total entspannt, schien es in dem - wie er sich selbst nennt - "linksliberalen Multikulti-Ökospinner" zu brodeln.

Was würde Hagen Rether als erstes tun, wenn er König von Deutschland wäre? Die Werbung abschaffen. Dabei beherrscht er die Gesetze derer, die aus seiner Sicht den Konsumterror selbst in die Kinderzimmer tragen, ziemlich gut. Botschaften penetrieren, damit was hängen bleibt, das ist seine Paradedisziplin.

Rether kritisiert nicht nur, sondern macht Vorschläge, wie es anders, besser laufen könnte. Und er möchte mit seinen Programmen nicht weniger, als ein Umdenken in den Köpfen der Menschen erreichen. Zwei Beispiele: "Das Problem sind nicht die Chlorhühnchen, sondern die Tatsache, dass wir überhaupt noch Hühnchen essen." Oder: "Der Skandal ist nicht, dass der Berliner Flughafen nicht fertig wird, sondern dass Flughäfen weiter ausgebaut werden."

Er nimmt den Zwang zu verreisen ins Visier, die panische Angst vor Langeweile. Und die Zivilisation ist für ihn "eine ganz dünne Firnis". Warum werden Flüchtlingsunterkünfte angezündet? Es brannten ja auch keine Kirchen, als der Missbrauch von Kindern durch Geistliche bekannt wurde und kein Winzer ist je erschlagen worden, obwohl rund 70.000 Deutsche Jahr für Jahr am Alkohol sterben. Rether, der in seinem Bürostuhl eine lässige Haltung annimmt, mahnt zur Entschleunigung. Der "Multikulti-Ökospinner" träumt von Frauen in Burkinis, die mit Frauen ohne alles Beachvolleyball spielen und ätzt gegen Tugenden wie das frühe Aufstehen: "Von wegen, der frühe Vogel fängt den Wurm. Ich fange meine Würmer immer erst ab 20 Uhr - stellen Sie sich vor, ich würde schon um 6 Uhr auftreten." Zorn - das ist für Rether "Wut mit Abitur". Grotesk: "Wenn ein Facharbeiter in Vorruhestand geschickt wird und in der Zeitung liest, dass Facharbeiter gesucht werden - und dann 30 Jahre mit Stöcken durch den Wald marschiert."

(barni)
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