Kempen Flüchtlinge: Hilfsbereitschaft ist groß

Kempen · Tanja Thelen kümmert sich um Flüchtlinge, die es nach Kempen verschlagen hat. Sie hilft ihnen, wo sie kann. Viele sind schwer traumatisiert und leiden unter großer Angst. Die Sozialarbeiterin lob die gute Willkommenskultur.

 Tanja Thelen vor der Flüchtlingsunterkunft in Voesch-Escheln: Die Diplom-Sozialarbeiterin betreut im Auftrag der Stadt Kempen Asylbewerber.

Tanja Thelen vor der Flüchtlingsunterkunft in Voesch-Escheln: Die Diplom-Sozialarbeiterin betreut im Auftrag der Stadt Kempen Asylbewerber.

Foto: Kaiser

Die Arbeit von Tanja Thelen ist vielschichtig. Gerade kümmert sie sich zum Beispiel darum, dass ein junger taubstummer Mann aus Nigeria in einem Verein Sport treiben kann, die Kinder einer pakistanischen Familie in einem Kindergarten und in einer Schule anzumelden oder für einen Syrer, Anfang 30, studierter Orthopädie und gerade anerkannt, eine Wohnung zu bekommen. Die 38 Jahre alte diplomierte Sozialarbeiterin arbeitet im Auftrag der Stadt für den Katholischen Verein für soziale Dienste in der Region Kempen-Viersen (früher SKM) und ist für die Betreuung der in der Stadt Kempen lebenden Asylbewerber zuständig.

"Derzeit sind es 150 und täglich werden es mehr", sagte die in Vorst wohnende Tanja Thelen. Sie macht diese Arbeit seit Januar 2014. Sie war vorher mit für die Inobhutnahme aufgegriffener und unbegleiteter ausländischer Jugendlichen zuständig und arbeitete früher acht Jahre lang im Allgemeinen Sozialdienst in Kamp-Lintfort. "Alleine kann ich das nicht stemmen", weist die Sozialarbeiterin auf die vielen Hilfestellungen der Kirchengemeinden, weiterer Ehrenamtler, der Arbeitskreise Asyl- und Menschenrechte oder des Multi-Kulturellen Forums hin.

Tanja Thelen arbeitet 16 Stunden in der Woche für die Flüchtlinge und zwei Stunden in der Migrationsberatung bereits anerkannter Asylbewerber. Wöchentlich fährt sie in die bisher drei Asylbewerberunterkünfte in Kempen, Tönisberg und Voesch. Eine vierte kommt in Kürze an der Tönisberger Straße in St. Hubert dazu. Darüber hinaus hat sie dienstags, von 16 bis 18 Uhr feste Sprechzeiten in ihrem Büro an der Kirchstraße 1.

"Manche Menschen sind offen, andere unsicher und sehr ängstlich", beschreibt sie die Flüchtlinge, die aus zahlreichen Ländern kommen und in Kempen betreut werden. Neben den eigenen Erlebnissen und Traumata sorgen sich auch viele um ihre Familien in der Heimat. So äußerten zum Beispiel Syrer ihre großen Ängste, dass ihre Familien, die nach erfolgter Anerkennung auch kommen dürfen, die Einreise aufgrund der schlimmen Nachrichten über viel zu volle Boote und ertrunkene Menschen nicht schaffen könnten. Während die Anerkennung bei den syrischen Flüchtlingen in der Regel problemlos und binnen weniger Monate erfolgt, warten darauf andere jahrelang. "Dies ist natürlich eine große Belastung", sagt Tanja Thelen. Hinzu käme, dass bei Einigen die Gefahr einer Abschiebung ständig vorhanden sei.

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Foto: dpa, bom fdt Ken jol

Die große Hilfsbereitschaft, die Spenden und Deutsch-Kurse, die angeboten werden, sind nach Meinung der Sozialarbeiterin ein Indiz für eine gute Willkommenskultur in Kempen. Gleichwohl hat die Vorsterin den Wunsch, noch näher an die Menschen aus den fremden Ländern heranzukommen - sie wünscht sich: "Dass wir einen Dolmetscher-Pool aufbauen, denn wir könnten noch Menschen, die unter anderem die russische, türkische, arabische, albanische oder serbische Sprache sprechen, sehr gut gebrauchen." Ein weiterer Wunsch ist, dass Eigentümer ihre freien Mietwohnungen auch den anerkannten Asylbewerbern anbieten: "Hier gibt es offenbar noch zu viele Vorurteile." Wohnungen für diese Menschen zu bekommen, sei, so Thelen, "schwierig bis aussichtslos".

Zumindest personell könnte es bald etwas besser werden. Denn das Bistum Aachen hat auch für seinen Katholischen Verein und für die Region Kempen-Viersen Mittel für eine Stelle "Koordination Ehrenamt für Flüchtlinge" zur Verfügung gestellt, wovon dann unter anderem die Asylbewerber in Kempen profitieren könnten. Dadurch sollen die Ehrenamtler auf ihre unterschiedlichen Aufgaben vorbereitet werden. Gerade würden sich die ersten Interessenten auf diese Stelle vorstellen.

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Foto: dpa, rwe lof

Wie verarbeitet sie selbst ihre Arbeit mit den Problemen und Ängsten der Asylbewerber? "Ich versuche, das alles nicht zu nahe an mich herankommen zu lassen, oft klappt das, manchmal aber auch nicht", antwortet die 38-Jährige. Ablenkung findet Tanja Thelen auf jeden Fall bei ihrem achtjährigen Sohn, bei ihrem dreijährigen Labrador-Pudel Sukie oder wenn sie im Gospelchor der Evangelischen Kirchengemeinde Vorst-Anrath, "Spirit & Soul", singt.

Kontakt: Tanja Thelen, Telefon: 02152 4745, oder E-Mail an: t.thelen@skm-kempen-viersen.de

(wsc)
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