Gemeinde Grefrath Projekt Hühnerstall überwindet Grenzen

Gemeinde Grefrath · Ministerin Christina Kampmann schaute sich in der Liebfrauenschule ein ganz besonders Projekt zur Einbindung von Flüchtlingen an. Man ist dort auf einem guten Weg. Nach den Ferien gibt es zwei Integrationsklassen.

 Ministerin Christina Kampmann (re.) sprach bei ihrem Besuch in Mülhausen mit Schülern, Flüchtlingen und Schulleiter Lothar Josten.

Ministerin Christina Kampmann (re.) sprach bei ihrem Besuch in Mülhausen mit Schülern, Flüchtlingen und Schulleiter Lothar Josten.

Foto: kaiser

"Ich habe selber Berührungsängste gehabt, aber die waren völlig unbegründet, das sind Jungs wie du und ich", sagt Said El Achaouch. Der 30-jährige Marokkaner, studierter Betriebswirt, in Deutschland geboren und aufgewachsen, gehört mit zu den Fachkräften, die sich seit Februar um die derzeit 29 minderjährigen Flüchtlinge in der Liebfrauenschule kümmern. Die Gruppe, darunter junge Menschen, 13 bis 17 Jahre alt, aus Afghanistan, Guinea, Somalia, Syrien oder Eritrea, wartet gerade auf einen besonderen Besuch. Wenige Minuten später ist sie da: die gerade erst 36 Jahre alt gewordene Christina Kampmann, die in NRW Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport ist. Da in ihr Ressort auch die Betreuung und Integration der minderjährigen Flüchtlinge fällt, will sie sich ein besonderes Projekt anschauen.

Die Gruppe spaziert durch das Schulgelände, stoppt an einer alten Scheune. Direkt daneben sind Schüler mit Flüchtlingen dabei, ein altes Blockhaus zu einem Hühnerstall umzubauen. Er ist noch nicht ganz fertig, noch sind die neun Hühner anderswo untergebracht. "Schade, dass hier noch nicht gegackert wird", sagt schmunzelnd die Ministerin, die nicht nur den Grünen angehört, sondern auch real mit der Natur verbunden ist: Ihre Eltern bewirtschaften einen Bio-Bauernhof. Es ist ein besonderes Integrationsprojekt, das derzeit mit Unterstützung der Schwestern Unserer Lieben Frau und der Organisation Care Deutschland-Luxemburg läuft. "Es war schön, mit anzusehen, wie die Gruppe immer besser zusammen gewachsen ist", sagt Antje Kulms, die im Ganztag des Gymnasiums mitarbeitet und dieses Projekt betreut. Ziel ist, einen kleinen Schulzoo einzurichten. Es ist also noch genügend zu tun.

Anfangs sei man auf beiden Seiten sehr schüchtern und distanziert gewesen. Dies habe sich aber schnell gelegt. Beim Außentermin sind auch deutsche Schüler, so Judith, Leander, Hanne und Milena, mit dabei. Sie können sich bereits mit einigen Flüchtlingen, die erst seit Februar da sind, in der deutschen Sprache verständigen. Darunter ist der 16-jährige Sajjad aus Afghanistan und der gleichaltrige Boubacar aus Guinea. "Auch diese beiden Jungs waren von Beginn an motiviert, hier schnell die deutsche Sprache zu lernen und später dann hier zu arbeiten", sagte einer der Wohngruppen-Leiterinnen, Annette Braam. Einer der Jungs kann leider derzeit nicht mitarbeiten: Fußball-Talent Foussin (16) von der Elfenbeinküste hat sich beim Training am linken Knie einen Kreuzbandriss zugezogen.

Insgesamt gibt es im Antoniushaus, das früher mal zum Internat gehörte, drei Wohngruppen mit derzeit 29 jungen Menschen. 32 könnten es maximal sein. Träger ist die Jugendhilfeeinrichtung Schloss Dilborn (Brüggen). 16 Fachkräfte kümmern sich rund um die Uhr um die Neuankömmlinge, die altersmäßig gestaffelt ein kleines Taschengeld erhalten. Auch Standortleiter Michael Verheyen ist begeistert von der Bereitschaft der jungen Leute, etwas lernen zu wollen: "Da kann sich so mancher deutsche Schüler eine Scheibe von abschneiden." Je nach Wissenstand und Niveau werden sie in der Liebfrauenschule unterrichtet. "Wir werden nach den Ferien zwei Integrationsklassen einrichten. Eine neunte Klasse für die Schüler, die schon ein Grundwissen haben und bei uns einen Abschluss schaffen können; eine zweite Klasse von Schülern, die noch längst nicht so weit ist und die erst einmal das Basiswissen vermittelt bekommen müssen", sagt Schulleiter Lothar Josten. Jetzt sind erst einmal Ferien. In reduzierter Form geht der Deutsch-Unterricht weiter und der Bau des Hühnerstalles, den man in spätestens zwei Monaten in Betrieb nehmen möchte. Darüber hinaus findet auch von Pro Familie Info-Veranstaltungen statt oder können die Jungs in ihrer Freizeit in den Sportvereinen trainieren, beim Parcour der mobilen Jugendarbeit mitmachen oder zum Treff "Kukaff" gehen. Annette Braam, die mit Michael Veheyen und Sven Färvers die Wohngruppen leitet, äußerte noch einige Wünsche: "Es wäre schön, wenn wir noch einige gebrauchte Fahrräder hätten, einen gebrauchten Kicker, Volley- und Fußbälle sowie Fußballschuhe ab Größe 41." Einfach die Nummer 02158 4086740 wählen.

Etwa zwei Stunden blieb die Ministerin. "Das war schon beeindruckend, wie die Flüchtlingsarbeit in der Praxis funktionieren kann", sagte sie zum Abschluss.

(wsc)
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