Kevelaer Mit Auto in die Wüste und ohne zurück

Kevelaer · Das Achterhoeker Ehepaar Ingendae ist startklar für das Abenteuer seines Lebens. Die beiden Niederrheiner fahren mit ihrem 29 Jahre alten Mercedes nach Mauretanien. Der Wagen wird vor Ort versteigert. Das Geld ist für ein Waisenhaus.

Kevelaer: Mit Auto in die Wüste und ohne zurück
Foto: Seybert Gerhard

Im Flur stehen schon gepackte Taschen und ein großer Karton mit gespendeten Zahnbürsten und Zahnpasta. "Das Abenteuer unseres Lebens haben wir vor. So ist das", sagt Michael Ingendae mit Blick auf die Gepäckstücke, zu denen sich bis Montag noch einige mehr gesellen werden.

Denn dann geht es los. 5500 Kilometer trennen das Ehepaar von seinem Ziel. 532.000 Kilometer hat der Mercedes, mit dem sie sich auf den Weg machen, bereits auf dem Tacho. Zurück nach Achterhoek wird der 200er Diesel nicht mehr kommen. Muss er auch nicht. Er wird vor Ort versteigert. "Das ist alles, um ein Waisenhaus am Leben zu halten. Der Staat tut ja nichts", erklärt Claudia Ingendae. "Mauretanien ist eines der ärmsten Länder der Welt", ergänzt ihr Mann Michael.

Anderthalb Jahre lang haben sie die Reise geplant. "Wir fahren die Route Paris-Dakar", sagt die Achterhoekerin. Das Auto wurde dafür höher gelegt, die Verschleißteile alle erneuert. "Und wir haben neue Winterreifen drauf für den Wüstensand", sagt Michael Ingendae. Auf dem Dach ist bereits ein Ersatzreifen montiert, und eine Schüppe liegt bereit, falls das Auto sich im Wüstensand festfährt. Ach ja, und die Hupe, die ist ebenfalls umgerüstet worden und klingt nun nach einem Kamelruf.

Die Tagestouren durch die Wüste bis zum Waisenhaus haben eine Länge von bis zu 600 Kilometern. Die Reise wird das Achterhoeker Ehepaar mit etwa 30 anderen Teams aus ganz Deutschland antreten, die ebenfalls bereit sind, ihr Auto in der Wüste zu lassen, für den guten Zweck. "Die anderen sind überwiegend Studenten oder junge Leute", sagt Claudia Ingendae. Die Diplom-Pädagogin feiert im Februar ihren 60. Geburtstag. Sie habe ihrem Mann erst einmal den Vogel gezeigt, als er mit der Idee der Wüstenrallye um die Ecke kam. Am Ende war sie dann aber die treibende Kraft. "Als das mit dem sozialen Charakter kam", sagt ihr Mann.

Die Reise, die bedeutet für das Ehepaar nicht nur jede Menge Vorbereitung, sondern auch Verzicht. Statt Weihnachtsromantik unter dem Baum gebe es höchstens "ein Teelicht aus dem Handschuhfach", sagt Claudia Ingendae. Das Ehepaar kann in diesem Jahr nicht Weihnachten mit dem Enkelkind feiern. "Aber nächstes Jahr", verspricht Claudia Ingendae. Vor allem bedeutet die Reise den Verzicht auf viel Komfort. Übernachtet wird in Zelten, sie hat sich ein Feldbett besorgt, er bevorzugt die Luftmatratze. Es gilt Selbstversorgung. Einen Zwei-Platten-Kocher hat Claudia Ingendae im Internet ersteigert. Das Ehepaar schaut sich an und überlegt lachend, wie lange der letzte Zelturlaub her ist. Und sanitäre Anlagen, die sind nicht gerade nach europäischem Standard. Ein Auto zu verschiffen wäre vielleicht einfacher gewesen. "Es ist pure Abenteuerlust", sagt Michael Ingendae über die Entscheidung zur Fahrt. Und noch etwas. "Ich wäre nie auf die Idee gekommen, 1000 oder 2000 Euro zu spenden", sagt seine Freu. Sie wolle wirklich wissen, dass die Hilfe ankomme. "Ich habe mir vorgenommen, für jedes der 75 Kinder des Waisenhauses ein Geschenk zu haben." Und das hat sie auch geschafft. Vom Sportgeschäft aus Sonsbeck gab es noch Sportkleidung obendrauf.

Das Auto wird von der Achterhoeker Künstlerin Judith Schelbergen und ihrem Mann Mario gesponsort. "Erstmal ankommen" lautet aber die Devise für Claudia und Michael Ingendae. Und das "Roadbook" der Organisatoren der "Dust and Diesel Rallye Humanitaire" versprüht schon jede Menge Abenteuerflair. "Wenige Tankstellen, sicherheitshalber Kanister füllen", ist da als Anmerkung zu lesen oder "Achtung in Kurven: Sandverwehungen". Auf der letzten Seite steht der Transfer zum Flughafen. Ohne Auto geht es für das Achterhoeker Ehepaar mit dem Flugzeug nach Hause. "Ausreichend Zeit einplanen für die Fahrt nach Dakar, technische Panne des Taxis möglich", steht im Roadbook auf der letzten Seite. Ein Abenteuer? Das wird es, garantiert.

(RP)
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