KR wie Krefeld Die Kür der Kandidaten

Krefeld · Es wird ein wirklich spannendes kommunalpolitisches Jahr - inhaltlich, strategisch, personell. Die Politik muss mitten im Wahlkampf das Monsterproblem Nothaushalt lösen - und das wird nur gehen, wenn CDU und SPD zusammenarbeiten, also die Parteien mit den aussichtsreichsten Oberbürgermeisterkandidaten.

Eine doppelte Gemeinheit des Schicksals: Denn kommen die Großen nicht zusammen, blamieren sie sich - und das würde vielleicht auch die beiden OB-Kandidaten beschädigen, weil sie jeweils Versagertruppen hinter sich hätten.

Auch personell wird es spannend: Beide Kandidaten sind offensichtlich bestrebt, nicht in die Haudrauf-Pose zu verfallen. Wer beide aus der Nähe sieht, ahnt, dass das auch ihrem Naturell widerspräche. Frank Meyer beherrscht zwar die Abteilung Attacke, aber er ist darin eine Art Anti-Fabel und auch ein Anti-Hahnen. Wo die beiden alten Kämpen eher mit dem Knüppel gearbeitet haben, beherrscht Meyer das Florett.

Und er ist stilsicher: Er kennt Grenzen des Angriffs und hat Beißhemmungen an der richtigen Stelle: Als Gregor Kathstede, auf den die SPD jahrelang eingedroschen hat, seinen Rückzug bekanntgab, da reagierte Meyer bemerkenswert zurückhaltend; fand fast warme Worte: Das sei Kathstede sicher nicht leichtgefallen. Ob Taktik oder nicht: Es war nobel, in dieser Sekunde jemanden nicht zu treten, der Not erkennen ließ und vor einer Lebenswende stand.

Und Vermeulen? Auch er ist kein Eiferer und Geiferer. Die sicher nicht der CDU-Lastigkeit verdächtige WAZ in Mülheim (nicht zu verwechseln mit der Krefelder WZ) hat über ihn, der in Mülheim Planungsdezernent ist, einen bemerkenswert positiven Bericht geschrieben: wie er als neuer Dezernent im Mülheimer Rathaus erst zugehört, analysiert, dann strukturiert gehandelt und sich so Respekt erworben hat. Wenn Vermeulen von Dialog redet, dann ist das offenbar keine Floskel.

Nur: Sein Aschermittwochauftritt war in Ton und Stil stellenweise ermüdend, technokratisch blass ("gesundheitsfördernde Infrastruktur") und einfach zu weit ausholend für einen angehenden OB: Mehrfach erwähnte er Krefeld im Jahr 2050. Okay, es ist ja gut, wenn Leute zu langfristigen Überlegungen in der Lage sind, aber Krefeld braucht Lösungen für die nächsten zwei, drei Jahre. Sich im Jahre Zwofuffzich zu verlieren - das wird ihm die wahlkämpfende SPD nicht durchgehen lassen.

Vermeulen muss noch Tritt fassen - dann aber wird es richtig spannend. Zwei Kandidaten, denen das Knüppeln fremd ist, die beide eher zu den eleganten Duellanten gehören: Herrliche Zeiten für den Homo kommunalpoliticus!

Politischer Aschermittwoch mal anders: keine krachlederne Kritik, sondern Gefühligkeit und Sachlichkeit. Dennoch war der Mittwochabend aufschlussreich für das Jahr des Wahlkampfes. Vielleicht weist die neue Milde ja auch auf eine Annäherung der beiden Großen SPD und CDU hin.

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