Ringen "Der WM-Titel ist ein Riesending"

Krefeld · Die 23 Jahre alte Ringerin glaubt, die Bedeutung des Weltmeistertitels noch immer nicht ganz realisiert zu haben.

 Gelbe Rosen für die Weltmeisterin: Die Ringer des KSV Germania Krefeld bereiteten Aline Focken in der Sporthalle an der Steinstraße einen grandiosen Empfang und standen Spalier für die neue Weltmeisterin.

Gelbe Rosen für die Weltmeisterin: Die Ringer des KSV Germania Krefeld bereiteten Aline Focken in der Sporthalle an der Steinstraße einen grandiosen Empfang und standen Spalier für die neue Weltmeisterin.

Foto: Lothar Strücken

Wie waren Ihre Gefühle, unmittelbar nachdem Sie den Weltmeister-Titel errungen hatten?

Focken Ich konnte es gar nicht glauben. Ich war vollkommen überdreht, vollkommen sprachlos.

Haben Sie es in der Zwischenzeit realisieren können?

Focken Noch nicht ganz, aber zumindest mehr als in den letzten Tagen. Ich weiß, dass ich das Turnier gewonnen habe. Aber dass ich Weltmeisterin bin, kann ich irgendwie immer noch nicht realisieren.

Das Halbfinale gegen die Lettin Laura Skujina war taktisch geprägt. Es war einer der Kämpfe, die Sie ansonsten in der Vergangenheit verloren haben. Was war diesmal anders?

Focken Die Nervenstärke. Da habe ich mich verbessert. Früher habe ich immer gedacht, "Ich muss jetzt unbedingt punkten", und habe dann irgendwelche Aktionen versucht. Jetzt habe ich die Geduld, auch mal abzuwarten.

War die Nervenstärke auch im Finale entscheidend? Denn im finalen Kampf gegen die Japanerin Sara Dosho lagen Sie bis zehn Sekunden vor dem Schluss mit 3:4 zurück.

Focken Ja. Die Nervenstärke war auch im Finale sehr wichtig. Vor dem Finale war ich so ruhig wie an dem ganzen Wettkampftag nicht. Denn ich wusste, dass ich eine Medaille sicher und damit mein Ziel erreicht hatte.

Wussten Sie im Kampf, wie wenig Zeit Ihnen noch blieb, um den Ausgang des Finals zu drehen?

Focken Ich wusste, dass ich noch genügend Zeit habe, die Punkte zurückzuholen. Und ich habe an mich geglaubt. Als ich die Punkte tatsächlich zurückgeholt habe, war ich vollkommen geschockt.

Im Vergleich zu den vergangenen Welt- und Europameisterschaften: Was war diesmal entscheidend besser?

Focken Einerseits die körperliche Fitness. Andererseits hatte ich im Gegensatz zu den vergangenen Turnieren diesmal ein gutes Los erwischt. Und zudem war ich mental so stark wie nie.

Es war auch Ihre erste Weltmeisterschaft in der in diesem Jahr neu geschaffenen Ringer-Gewichtsklasse bis 69 Kilogramm. Hat das Ihnen auch ein Stück weit in die Karten gespielt?

Focken Die neue Gewichtsklasse hat mir eher Nachteile gebracht. In der Gewichtsklasse bis 67 Kilogramm war ich physisch viel besser drauf. Ich bin denen, die aus der 72-Kilogramm-Klasse in die 69-Kilogramm-Klasse gekommen sind, körperlich unterlegen. Allerdings versuche ich, das durch die Schnelligkeit wieder wettzumachen.

Ist es richtig, dass es in der Vergangenheit neben der goldenen Medaille auch einen Gürtel, ähnlich wie im Boxen oder im Wrestling, für den Weltmeistertitel gab?

Focken Ja. Normal gab es zur Medaille auch einen WM-Gürtel. Diesmal nur eine WM-Medaille. Vielleicht hat es den Gürtel diesmal nicht gegeben, weil der Ringer-Weltverband in diesem Jahr seinen Namen geändert hat.

Nach dem Weltmeistertitel gibt es nur noch eine größere Sache: die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio - und eine Medaille dort.

Focken Klar. Der WM-Titel ist ein Riesending. Aber die Olympia-Teilnahme und die Olympia-Medaille ist mein großer Traum.

Direkt nach dem Finalkampf haben Sie Ihren Trainern und Ihrer Familie gedankt. Welchen Anteil am Titel hat Ihr Vater Georg Focken, der ja auch als Ihr persönlicher Trainer fungiert?

Focken Einen riesen Anteil. Er ist Familie und Trainer. Auch mein ehemaliger Landes- und jetziger Bundestrainer Patrick Loës hat einen großen Anteil.

Wie geht es nach dem WM-Titel für Sie weiter?

Focken Erst einmal geht es in den Urlaub. Ich freue mich, von der Matte runterzukommen und abzuschalten. Danach geht es weiter mit dem Grundlagentraining. Training findet sowieso über das ganze Jahr statt. Außerdem muss ich im Beruf und an der Uni einige Sachen nachholen, die während der Vorbereitung auf die WM liegengeblieben sind.

(RP)
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