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Leverkusen/Frankfurt Roman-"Held" auf dem Weg nach Leverkusen

Leverkusen/Frankfurt · Boris Hillen hat mit dem Roman "Agfa Leverkusen" eine hintersinnige und spannende Lebensodyssee geschrieben. Sie hat eine reale Vorlage.

 Romanautor Boris Hillen ist selbst mit dem Motorrad nach Indien gefahren. Mit Leverkusen verbindet er unter anderem den Fußball.

Romanautor Boris Hillen ist selbst mit dem Motorrad nach Indien gefahren. Mit Leverkusen verbindet er unter anderem den Fußball.

Foto: Gaby Gerster

In Leverkusen ist der Autor des Romans "Agfa Leverkusen" nur ein einziges Mal gewesen: "Das war 1999, anlässlich eines Fußball-EM-Qualifikationsspiels gegen Moldawien", berichtet der Lehrer für Deutsch und Sport im Zivilberuf, dabei aber auch Bestsellerautor und grandioser Erzähler mit einem hintersinnigen, fast satirischen Humor. Dabei hat der in Neuwied geborene und heute in Frankfurt lebende Boris Hillen auch zwei Jahre im benachbarten Köln gewohnt.

Für seinen dritten Roman kam er auf den Titel "Agfa Leverkusen", weil ein Arbeitskollege seines Vaters in den 1970er Jahren von Indien aus tatsächlich nach Leverkusen reisen wollte, um dort das Entwickeln von Farbfotos zu erlernen. Im Roman verliert der Protagonist, der Inder Kishone Kumar, dieses Ziel zunehmend aus den Augen. "Andere Wichtigkeiten treten für ihn in den Vordergrund und somit avanciert der Begriff 'Agfa Leverkusen' zur Metapher für ein nicht erreichtes Lebensziel, für einen Abschnitt, der irgendwann von einem anderen verdrängt wird, für eine positiv verarbeitete Niederlage", sagt der Romanautor.

Kishone sei ein Stehaufmännchen, das gelernt habe, aus den Rückschlägen und Enttäuschungen des Lebens das Beste zu machen. Und Hillen betont: "In sofern passt es natürlich ganz gut in das Konzept meines Buches, dass heute außer dem Namen von den Agfa-Werken nicht mehr viel übrig geblieben ist, auch wenn ich das persönlich sehr bedaure." Neben dieser Metapher verbindet Hillen mit Leverkusen den Fußball, die Bayer-Werke und die Agfa-Produkte, die in seiner Kindheit durch den Beruf seines Vaters als Werbegrafiker und Fotograf zu Hause sehr präsent waren.

Der indische Schwarzweiß-Fotograf, der aus dem Land der Sonne ins rheinisch-bergische Regental zieht, um ausgerechnet in der vergleichbaren Düsternis die Farbfotografie zu erlernen, ist schon an sich eine tragisch-komische Figur. Man müsste sie erfinden, wenn es sie denn nicht als tatsächliche Vorlage aus Hillens Kindertagen gegeben hätte. Die Irrungen und Wirrungen des Kishone, der sich mit einem alten Motorrad von Indien nach Leverkusen auf den Weg macht und durch die absurdesten Abenteuer immer wieder abgelenkt wird, erinnern an eine Odyssee.

Mit einem trockenen Humor sondergleichen erzählt Hillen die Reise fast um die ganze Welt aus zwei Perspektiven und Zeiten: Da ist der indische Protagonist, der Ende der 1970er Jahre nicht wirklich in den gelobten Westen, sondern in den deutschen Herbst gerät und wahrscheinlich in Deutschland ein Andenken in Form einer Tochter hinterlässt. Dies bleibt im Ahnungsvollen, als sich die vermeintliche Tochter ihrerseits 30 Jahre später auf den Weg nach Indien macht.

Farbenfrohe Schilderungen der Reise des Schwarzweiß-Fotografen durch Indien, Afghanistan, Persien und die Türkei gelingen Hillen authentisch. Schließlich hat er selbst einen Teil dieser Reise - genauso wie sein Antiheld Kishone - mit einem alten Motorrad zurückgelegt. Ein Lesevergnügen für die Sommerferien - mit ein wenig Nostalgie aus den "guten alten Agfa-Leverkusen-Tagen".

Agfa Leverkusen von Boris Hillen, 448 Seiten, 17.99 Euro, S. Fischer-Verlag

(RP)
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