Schwerpunkt 1111 Jahre Ilverich Ilvericher verteidigten ihre Gänse

Meerbusch · Zum Jubiläum ein Rückblick auf drei wichtige Ereignisse in Ilverichs Geschichte, die die Rheingemeinde geprägt haben: auf den sogenannten Gänsekrieg, die Säkularisation und die Dammbrüche durch Rhein-Hochwasser

 Karl-Josef Schmitz - vor ihm watschelt eine stolze Gänseschar vom Hof Ridders-Wolf in Ilverich - erinnert mit dieser Szene an den Gänsekrieg von 1960. Vor rund 30 Jahren wurde Schmitz die Geschichte erzählt. Der Krieg fand im Jahre 1860 statt, weil die Gemeindeverwaltung das Gänsetreiben im Ilvericher Bruch verboten hatte. Es kam zum Aufstand der Landarbeiter.

Karl-Josef Schmitz - vor ihm watschelt eine stolze Gänseschar vom Hof Ridders-Wolf in Ilverich - erinnert mit dieser Szene an den Gänsekrieg von 1960. Vor rund 30 Jahren wurde Schmitz die Geschichte erzählt. Der Krieg fand im Jahre 1860 statt, weil die Gemeindeverwaltung das Gänsetreiben im Ilvericher Bruch verboten hatte. Es kam zum Aufstand der Landarbeiter.

Foto: Achim Hüskes

Die Zeiten als Rheinländer sind nicht immer idyllisch. Drei Ereignisse zeigen, warum Rhein, Acker und Vieh den Bauern in Ilverich auch Kopfzerbrechen verursachten.

Gänsekrieg Verwaltung, du willst die Gans uns stehlen - so amüsant das Lied sich umdichten lässt, 1860 hatten die Ilvericher keinen Grund zu lachen. Die Gemeindeverwaltung in Lank hatte das Gänsetreiben auf der Grünfläche zwischen Dorf und Issel verboten, da sonst die Kühe nichts zu grasen gehabt hätten. Bis dahin genossen 42 Haushalte in Ilverich ein unverbrieftes Recht am Bruch. Die ärmeren Landarbeiter, die sich nur Kleinvieh leisten konnten, trotzten dem Verbot. "Aus Lank wurden deshalb Gendarmen herbeigeholt, um die Gänse zu vertreiben oder abzuschießen", schreibt Karl-Josef Schmitz in einem Beitrag für den Sammelband "1100 Jahre Langst-Kierst und Ilverich. 904-2004".

 Der Hof Ridders-Wolf, ehemaliger Münkshof, hat ein Walmdach. Das Foto wurde in den 1970er oder 1980er Jahren gemacht.

Der Hof Ridders-Wolf, ehemaliger Münkshof, hat ein Walmdach. Das Foto wurde in den 1970er oder 1980er Jahren gemacht.

Foto: Stadtarchiv

Zwischen Polizei und Ilverichern kam es zu Handgreiflichkeiten. Mit Heugabel und Harke bewaffnet bauten die Gänsehalter eine Drohkulisse auf, um die Vögel zu verteidigen. Nach der Zuspitzung beruhigten sich die Gemüter. Rindvieh- und Gänsehalter einigten sich. Ein Jahr später entschärfte sich das Problem erneut, da jeder Haushalt 1 ½ Morgen Bruchweide erhielt, die gegen eine geringe Gebühr 25 Jahre lang genutzt werden durfte.

Säkularisation Das Kirchspiel Lank - hierzu zählten Langst, Kierst und Ilverich - wurde mit dem Amt Linn 1392 dem Herrschaftsbereich des Erzbischofs von Köln einverleibt. 1801 wurde das linksrheinische Gebiet Teil der Französischen Republik. Die französische Gesetzeslage galt bereits. So wurden durch die Säkularisation geistliche Herrschaften beseitigt, Kirchengüter eingezogen und an weltliche Institutionen oder Personen übertragen oder versteigert. Selten erwarben die ehemaligen Pächter das Gut, sondern vermögende Städter und Fabrikanten wie die Familie von der Leyen.

Unter den Hammer gelangte damals der "Münkshof", heute "Hof Ridders-Wolf". Der Oppumer Heinrich Aretz ersteigerte das Gut für 37 500 Francs. Zuvor hatte es zu den wichtigsten Höfen vom Kloster Meer gezählt, das seine Besitzungen im Ilvericher und Langst-Kierster Raum stets ausgedehnt hatte. Das Stift Xanten hatte den Hof 1273 an das Kloster verpachtet, daher wohl der Name "Mönchs-/ Münkshof". Pächter war Heinrich Schmitz. Ein Teil der Familie Aretz wanderte nach Missouri, USA, aus. Der andere blieb. Die Nachkommin Adelheid Porth heiratete den Hülser Bauern Engelbert Ridders. 1888 umfasste der Hof 48 Hektar, 30 Rinder und sechs Pferde. Seit 1950 bewirtschaftet Familie Ridders-Wolf den Hof, der als Denkmal eingetragen ist.

Hochwasser und Deichbau Der Rhein plagte die Region oft mit Hochwassern. 1882/1883 brachen Büdericher Deich und Ilvericher Sommerdeich. Der Isselbogen, die rund vier Meter höher gelegenen Orte Ilverich, Langst und Kierst wurden überflutet. Der Schaden für die Landwirtschaft war wegen der Verluste von Vieh und Mutterboden enorm.

Die "Crefelder Zeitung" berichtete: "Ja mit Frucht gefüllte Spennen, in mit Vieh besetzte Ställe ist das Wasser eingedrungen, so daß die Noth steigt und die Verzweifelung unter den Leuten groß ist."

1887 gründete sich der Ilverich-Lanker-Deichverband. Dessen Statut enthielt den Bau eines geschlossenen Banndeiches von Büderich bis Uerdingen. 1908/1909 war das Projekt realisiert. Zuvor hatten konträre Interessen den Großdeich blockiert. Einige Grundbesitzer waren vom Hochwasser nicht betroffen oder schätzten die natürliche Düngung durch angeschwemmten Schlick.

1920 die nächste Katastrophe: Dammbruch in der Nacht zum 16. Januar. Wegen eines bereits reparierten Dammbruchs am Vortag war man in Alarmbereitschaft. Der Lehrer Anton Wippermann beschreibt die Nacht in der Ilvericher Schulchronik: "...Vieh, Kartoffeln und Futtermittel müssen in Sicherheit gebracht werden...Weithin ist das Rauschen vernehmbar...Jeder wünscht sich 4 Hände statt nur zwei..." Die Überschwemmung dauerte eine Woche.

Der Artikel basiert auf dem Sammelband "1100 Jahre Langst-Kierst und Ilverich. 904-2004", herausgegeben 2004 von Stadtarchivar Michael Regenbrecht im Auftrag des Heimatkreises Lank.

(RP)
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