Sommermusik in Mönchengladbach Der kölsche Dylan auf Schloss Rheydt

Mönchengladbach · Wolfgang Niedecken und BAP spielten zum Abschluss der Sommermusik "Das Märchen vom gezogenen Stecker".

BAP zieht den Stecker bei der Sommermusik in Rheydt
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BAP zieht den Stecker bei der Sommermusik in Rheydt

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Bob Dylan schreibt in seiner Biografie diesen Satz, der für Wolfgang Niedecken das ganze Gefühl der Musik ausdrückt: "Songs sind wie Träume, die man wahrzumachen versucht, wie fremde Länder, die man bereist." Dylan ist Niedeckens großes Vorbild. Und je älter er wird, desto ähnlicher wird er seinem Idol — nicht nur in der Frisur.

BAP, Lindenberg und Maffay bei Kölner Fest gegen Rechts
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Foto: dpa, hka wst

Wolfgang Niedecken spult kein Programm ab. Er erzählt Geschichten, geht auf das Publikum ein. In seiner schwarz-rot karierten Wolljacke und Jeans sitzt er auf einem Stuhl, die Gitarre in der Hand. Um den Hals trägt er eine Mundharmonika. Zu Beginn des letzten Konzerts der Sommermusik singt er "Noh all dänne Johre" und erklärt "mer weed jelassener". Und das Niedecken. Er sitzt auf der Bühne und spricht so vertraut zu seinem Publikum wie ein alter Freund, mit dem man bei einem Glas Bier an der Theke sitzt.

Wolfgang Niedecken und BAP sind authentisch. Jedes Wort klingt echt, ohne Allüren. "Das Märchen vom gezogenen Stecker" heißt das Konzert, das Album ist gerade erschienen. Niedecken singt neue Songs und altbewährte, ewig gute Texte. Neben ihm steht eine alte Nachttischlampe. Als Bühnenbelag dienen Teppiche. "Auf dem Severinswall gibt es ein wunderbares Geschäft für fliegende Teppiche", erzählt Wolfgang Niedecken. "Jetzt hür ich op zu labere", sagt er, doch eigentlich möchte man ihm stundenlang zuhören, so wohlig klingt seine Stimme.

Spürbar ist es, wie er "Für ne Moment" aus tiefstem Herzen singt. Das Lied ist ein Bekenntnis zu seiner Heimat, zum kölschen Dialekt. Der ist so tief in Niedecken verankert, dass der Musiker nach seinem Schlaganfall anfangs nur Kölsch sprechen konnte. In diesem Lied gibt er Einblicke in seine Seele. Seit dem "Radio Pandora"-Album plante die Band eine Unplugged-Tour. Sechs Jahre später wurde sie Realität. Auch ohne laute Töne klingt BAP vertraut.

Das Publikum kennt alle Lieder. Egal, ob Niedecken nun Anna, Rita oder Magdalena besingt, sein Schutzengel heißt Tina. Seiner Frau widmete er den Song "Zosamme alt". Eine Liebeserklärung. Niedecken ist jemand, mit dem man gerne "zosamme alt" wird. Auf der Bühne ist an diesem Abend eine andere Dame an seiner Seite: Anne de Wolff. Die 43-Jährige ist ein musikalisches Multitalent und überzeugt an endlos vielen Instrumenten.

Als Wolfgang Niedecken "Kristallnaach" anstimmt, jubelt die Menge. Einige Stücke später — das Finale: Kaum sind die ersten Töne von "Verdamp lang her" erklungen, springt das Publikum auf, klatscht und singt mit. Es ist der Moment, auf den die Zuschauer den ganzen Abend gewartet haben. Es ist der Höhepunkt des Konzerts. Minutenlanger Applaus ist die Folge. Als Zugabe gibt es sieben weitere Stücke. Niedecken steht am Bühnenrand, winkt dem Publikum zu. Er ist noch immer der Freund von der Theke: "Tschüss zosamme. Maat et joot, lot jonn."

(lsa)
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