Mönchengladbach Lau muss fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis

Mönchengladbach · Das Urteil im Prozess gegen den Gladbacher Salafistenprediger Sven Lau ist gefallen. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Lau eine Terrororganisation in Syrien unterstützt hat. Dafür verurteilte ihn der Vorsitzende Richter Frank Schreiber gestern zu fünfeinhalb Jahren Haft. In seiner Urteilsbegründung wandte sich Schreiber auch an den Anwalt von Sven Lau, Mutlu Günal.

Dieser hatte in seinem Plädoyer von einem "Rachefeldzug" gegen seinen Mandanten gesprochen. Der Richter rechnete mit ruhiger, betont sachlicher Stimme mit dem Verteidiger ab. Das schlagwortartige Etikett des "Rachefeldzugs" lasse sich zwar auflagenstark zitieren, aber damit gerate der Auftritt des Verteidigers vor Gericht auch zu einem "substanzlosen Spektakel".

Auch Günals Versuchen, den Kronzeugen Ismail I. als "notorischen Lügner" abzustempeln, trat der Richter in seiner Urteilsbegründung entgegen. I. habe Lau nie beschuldigt, ihn radikalisiert zu haben. Stattdessen habe er Lau um Hilfe bei der Ausreise nach Syrien gebeten. Und Lau habe geliefert. So drückte der Richter es gestern aus. Die Anklage hatte dem 36-jährigen Salafistenprediger außerdem vorgeworfen, neben dem Stuttgarter Ismail I. auch Zoubir L. aus Neuss in eine Kampfgruppe der Terrororganisation "Jamwa" ("Armee der Auswanderer und Unterstützer") vermittelt zu haben. Zoubir L. hatte sich der besagten Kampfgruppe aber nie angeschlossen. Das werteten die Richter dennoch als Unterstützungsleistung. Denn alleine die Möglichkeit, aus mehreren kampfeswilligen Rekruten zu wählen, sei als Unterstützung zu werten. Darüber hinaus habe Lau weder für I. noch für L. ein "komplettes Dienstleistungspaket ähnlich einer Pauschalreise in den Dschihad" organisieren müssen, um als Terrorunterstützer verurteilt zu werden. Jeder wirksame Beitrag zur Förderung einer Ausreise sei strafbar, so der Richter. Und so muss Lau nun wegen 250 Euro, ein paar Nachtsichtgeräten und zwei Telefonnummern für fünfeinhalb Jahre hinter Gitter.

Der Richter entschied zudem, dass Lau in Haft bleiben muss. Das begründete er damit, dass Lau zwischen der ersten Entlassung aus der U-Haft im Mai 2014 und seiner erneuten Festnahme im Dezember 2015 versucht habe, unerlaubt nach Österreich auszureisen. Die familiären Bande - Lau ist fünffacher Familienvater - hätten ihn nicht abgehalten. Lau habe außerdem in der Zeit von Ende 2012 bis Mitte 2013 immer wieder angekündigt, selbst für immer nach Syrien gehen zu wollen. Das sei in der Szene wahrgenommen worden und habe eine gewisse Erwartungshaltung geweckt, sagte der Richter.

Lau verfolgte die Ausführungen des Richters weitgehend ohne Regung. Glaubensbrüder, die zahlreich im Publikum saßen, winkten ihm immer wieder zu, streckten den Arm zum Gruß und warfen Lau sogar Luftküsse zu.

Der Vorsitzende Richter hatte in seiner Urteilsbegründung die Bedeutung der Gründung des Vereins "Einladung zum Paradies" für die Biografie Laus. 2009 hatte der Moscheeverein von Sven Lau mit einer Koranschule aus Braunschweig unter der Führung von Muhamed Ciftci kooperiert. Damals war der Verein "Einladung zum Paradies" gegründet worden, das hatte in der Bevölkerung Mönchengladbachs Protest hervorgerufen. Gleich zwei Bürgerinitiativen hatten sich damals gebildet.

Der Senat beschrieb diese Vorgänge in den Jahren 2009 und 2010 als Wendepunkt in Laus Biografie. Damals sei Sven Lau zwar lange nicht so radikal wie Ciftci gewesen, dennoch sei diese Episode mit der Koranschule ein damals noch unbemerkter Katalysator für die radikale Entwicklung von Lau gewesen.

Nordrhein-Westfalen Seite A 3

(heif)
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