Nettetal Junger Landwirt mit Herz und Verstand

Nettetal · Jan Wolfers bewirtschaftet den Hof seiner Eltern in Lobberich-Bocholt. 150 Kühe geben hier Milch, hinzu kommt die Arbeit auf den Feldern. Für ihn stand nie zur Debatte, das er nicht Landwirt werden würde.

Für den Lobbericher Jan Wolfers war es nie eine Frage und erst recht kein Zwang, dass er sich für die Landwirtschaft entschied. Für ihn stand immer fest, dass er in den Betrieb seiner Eltern einsteigen würde. Bereits als Kind hatte er Spaß an der bäuerlichen Arbeit. Er fuhr mit seinem Vater Andreas auf dem Traktor aufs Feld und schaute beim Melken der Kühe zu.

"Ich war sieben oder acht Jahre alt, da half ich schon beim Melken", erinnert er sich. Das war so selbstverständlich nicht. Denn die ehemalige Melkkuhle war so tief, dass man Klein-Jan einen Hocker hinstellte. "Sonst hätte es nicht gepasst", sagt er. Dabei huscht ein zufriedenes und glückliches Lächeln über sein junges Gesicht.

Heute ist der 24-Jährige Junglandwirt mit Herz und Seele. Seine Ausbildung im Beruf begann mit 16 Jahren. Während der dreijährigen Lehrzeit durchlief er drei verschiedene und ihm bis dahin fremde Betriebe. "Das war gut so, ich habe viel gesehen und viel gelernt", sagt er. Das einjährige Praxisjahr verbrachte er dann im elterlichen Betrieb, anschließend bildete er sich weiter und verließ nach zwei Jahren die Schule in Köln als staatlich geprüfter Agrar-Betriebswirt.

Das Berufsbild eines Landwirts sei breitgefächert, sagt er. Im Familienbetrieb in Lobberich-Bocholt stehen 150 Milchkühe. Bis vor zwei Jahren fand auch die Aufzucht auf seinem Hof statt. Heute werden sie im Alter von zwei Wochen zur Aufzucht zu einem Betrieb in der Nähe "ausquartiert". Nach 24 Monaten kommen sie in den Mutterstall zurück. Neben der Versorgung der Kühe stehen Feldarbeit und die mitunter harte "Schreibtischarbeit" an.

Letztere habe in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen, merkt Wolfers an. "Wir verbringen im Verhältnis die gleiche Zeit am Schreibtisch wie im Stall", sagt er und weist auf die vielen Verordnungen hin, die zu seinem Ärger meist am grünen Tisch gefasst werden. Angesichts von Zertifikaten und Dokumentationen bis hin zu Antragschreiben zu immer wieder wechselnden Auflagen fühlt sich Junglandwirt Jan Wolfers als "Multi-Tasking-Bauer".

Sehr engagiert ist der 24-Jährige in der Öffentlichkeitsarbeit. Ihn stört, dass vielfach alle Landwirte über einen Kamm geschert würden. Beim Begriff "Massentierhaltung", läuft der sonst ruhige junge Mann rot vor Ärger an. "Was ist denn die Definition von Massentierhaltung?", fragt er. Die Kühe laufen frei im Stall herum und seien nicht mehr, so wie in früher, angekettet. "Nach jedem Melken werden die Zitzen desinfiziert, dreimal täglich wird auch der Stall desinfiziert, für die Kühe stehen Bürsten parat, mit denen sie sich von den Parasiten befreien können", erklärt Jan Wolfers. Die Liegeboxen sind mit einer Matratze ausgestattet, die ebenfalls täglich desinfiziert werden.

"Kühe sind sensibel wie Hochleistungssportler. Man muss sie gut behandeln. Wenn man das nicht beachtet, geben sie nicht viel Milch", sagt er. Auch bei der Futtermischung fühlt er sich manchmal wie eine Köchin in einem anspruchsvollen Restaurant. Er stellt die verschiedenen Rezepte auf dem Futtertisch zusammen, damit er die Kühe gesund ernähren kann. "Die Kühe sind für mich wie Kinder, man muss sie kennen und muss wissen, wie sich ticken", sagt er. Deshalb steht sein Hof jedem zur Besichtigung offen. Schon jetzt weist er auf die erstmalig in Nettetal geplante Hof-Tour im Juni dieses Jahres hin. "Dann kann jeder einmal sehen, wie die Tiere, ob Schweine oder Kühe, gehalten werden", sagt er. Jan Wolfers hofft, dass sich das negative Bild der Massentierhaltung bald wendet.

Ach ja - seine Freundin muss übrigens nicht auf dem Hof mitarbeiten. Das wolle er gar nicht, betont er. "Sie muss nur Verständnis aufbringen", sagt der Junglandwirt. "Sie arbeitet in einem ganz anderen Berufsfeld", sagt Wolfers - und das sei auch gut so.

(ivb)
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