Neuss Ruhr 2010: Neusser baut mit

Neuss · Christentum, Islam und Judentum – die Kirche, die der Neusser Architekt Ercan Agirbas für das Projekt "Kulturhauptstadt Ruhr 2010" baut, vereint drei Religionen. Von allen dreien lernte der Architekt viel.

 Ercan Agirbas betreibt ein Architekturbüro in Neuss.

Ercan Agirbas betreibt ein Architekturbüro in Neuss.

Foto: woi

Christentum, Islam und Judentum — die Kirche, die der Neusser Architekt Ercan Agirbas für das Projekt "Kulturhauptstadt Ruhr 2010" baut, vereint drei Religionen. Von allen dreien lernte der Architekt viel.

Der Architekt Ercan Agirbas wartet schon lange darauf, auch in seiner Heimatstadt Gelsenkirchen etwas zu bauen. Der Siegerentwurf für einen Omnibusbahnhof in Gelsenkirchen-Buer hätte ihm diesen Wunsch erfüllen sollen, doch der schlummert inzwischen schon seit sieben Jahren fast vergessen in der Schublade des Neusser Architekturbüros Agirbas/Wienstroer an der Tiberiusstraße. Nun schafft er — in nur drei Wochen Bauzeit — eine "Kirche der Kulturen". Samstag wird das dreiteilige Ensemble aus Kirche, Moschee und Synagoge eröffnet.

Agirbas wurde in Gelsenkirchen geboren, wuchs dort auf, lebt dort. Ein bekannter Mann, wie sein Firmenpartner Ekkehard Wienstroer hervorhebt. Vielleicht musste sich der türkischstämmige Agirbas deshalb Kritik gerade aus der islamischen Gemeinde anhören, wo man von seinem Moscheeentwurf nicht überzeugt war. "Man muss manchmal stur sein", sagt der 44-Jährige rückblickend. Denn so wie er selbst seine Vorstellungen von Moschee kritisch hinterfragen musste, so fordert er nun von seinen Glaubensbrüdern die Bereitschaft zu neuen Sichtweisen.

Die "Kirche der Kulturen" entsteht als Projekt in der Kulturhauptstadt Ruhr 2010. Eigentlich hatten Agirbas und Wienstroer sich dazu mit einer anderen Idee beworben, wollten unter dem Titel "Gelsenkirchen geht andere Wege" eine Route durch die Stadt konzipieren. Doch das Projekt scheiterte an den Kosten. Die evangelische Gemeinde aber griff die Idee der beiden, mit der Route auch Kirche, Synagoge und Moschee zu verbinden, auf. So entstand — mitgetragen von der türkisch-islamischen und der jüdische Gemeinde — die Idee, neben der evangelischen Bleckkirche zwei weitere Gotteshäuser zu platzieren.

Die Beschäftigung mit den drei abrahamitischen Religionen ließ Agirbas einiges dazulernen. "Ich musste mich fast schämen, dass ich noch nie in einer Synagoge war", gibt er zu. Seitdem aber weiß er nicht nur viel über das Leben in einer jüdischen Gemeinde, sondern auch, dass eine Synagoge zwölf Fenster hat. In Anlehnung an die zwölf Stämme Israels. Das war wesentlich für seinen Gebäudeentwurf, für den er als Grundriss den Davidstern wählte — und verfremdete.

Auch die Moschee reduzierte Agirbas auf wesentliche Elemente. Einen sauberen Untergrund, eine exakte Ausrichtung auf Mekka und die Kanzel als einzigen Einbau. Die legt Agirbas außerhalb des sieben mal sieben Meter kleinen Gotteshauses und weist ihr auf die Funktion des Minaretts zu. Auf eine Kuppel oder eine Spitze verzichtet er. Das entspreche dem Bild von einer Moschee auch hierzulande, sagt Agirbas. Beim Arbeiten in Riad aber merkte er, dass das nicht generellen Geltungsanspruch haben kann.

Die evangelische Bleckkirche im Zentrum des Gebäudeensembles blieb unangetastet. Agirbas hofft aber, dass die drei Gotteshäuser über den Sommer von allen drei Gemeinden auch wechselseitig genutzt werden. Eingelebtes Miteinander soll der Ort sein. Das wünscht sich der Gelsenkirchener für seine Heimatstadt.

Info Die "Kirche der Kulturen" wird am Samstag, 21. März, ab 17 Uhr eröffnet. Mehr Infos unter www.kirche-der-kulturen.de

(NGZ)
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