Radevormwald Ein Plädoyer für Meister Isegrim

Radevormwald · Bei einem gut besuchten Vortrag im großen Saal des Bürgerhauses räumte Dietmar Birkhahn von NABU mit zahlreichen Mythen und Vorurteilen auf. Seit 15 Jahren kehrt der Wolf zurück nach Deutschland. Und er ist kein Konkurrent für Jäger.

Der Ruf des Wolfes ist nicht zuletzt durch das Märchen Rotkäppchen nicht gut. Viele Mythen ranken sich um den schlanken Jäger. Nachdem er in Deutschland 150 Jahre lang ausgerottet war, kehrt er seit etwa 15 Jahren zurück - vor allem in Ostdeutschland, zunehmend aber auch im Westen. Dietmar Birkhahn, Wolfsbotschafter des Oberbergischen Landes aus Lindlar, vermittelte 100 Zuhörern in einem abwechslungsreichen Vortrag viel Wissen über Meister Isegrim - und räumte mit Vorurteilen auf. "Der NABU begleitet die Rückkehr der Wölfe mit einer breit angelegten Informations- und Aufklärungskampagne", sagte Birkhahn im großen Saal des Bürgerhauses. Dabei brachte er nüchterne Fakten und Zahlen nicht zuletzt durch seinen abwechslungsreichen Vortrag sehr kurzweilig rüber.

Ein Mythos über den Wolf sei, dass er den Wald leerfresse. "Da werden Zahlen kolportiert von anderthalb Tonnen Fleisch pro Jahr." Das stimme nicht. Die Zahlen relativierten sich zudem, wenn man sie auf die Größe des Wolfsreviers herunterbreche. Das umfasse etwa 250 Quadratkilometer, sagte Birkhahn. Zudem zeigte der Wolfsbotschafter Fotos von Wolfsrissen, die auf dem ersten Blick drastisch aussahen. "Aber der Wolf verwertet alles von seinem Beutetier, außer Kopf und Magen", sagte Birkhahn. Ein weiteres Vorurteil, mit dem der Referent aufräumte, war, dass der Wolf ein Konkurrent für den Jäger sei. "Auch hier haben wir Zahlen aus Gebieten erhoben, in denen Wölfe sich nachweislich angesiedelt haben. Die Zahl der erlegten Tiere durch Jäger müsste sich, gerade bei mehreren Wolfsfamilien, dann verringert haben", sagte Birkhahn und ergänzte: "Das ist aber auch nicht bei fünf oder sechs Familien der Fall." Richtig sei indes, dass ungeschützte Nutztiere durchaus in Gefahr seien. Daher sei es wichtig, den Herdenschutz zu intensivieren, betonte Birkhahn.

Dafür nannte er zwei gute Methoden: "Herdenschutzzäune, die entsprechend hoch sein müssen und zudem über stromführende Euronetze im Boden verfügen sollten - denn der Wolf buddelt gerne." Eine weitere Methode sei der Herdenschutzhund. Die Anwesenheit von mehreren solcher Tiere, die in der Herde aufwachsen und sie so als ihre Familie betrachten, würde schon helfen, dass der Wolf auf einen Angriff verzichte, sagte Birkhahn. "Die Risszahlen von Nutztieren sinkt durch konsequenten Herdenschutz deutlich", betonte er.

Auch das Problem "Wolf und Mensch" sprach Birkhahn an. "Das geht sehr gut, allen durch reißerische Medienberichte verbreiteten Gräuelgeschichten zum Trotz." Er verglich entsprechende Berichte mit den Methoden von Populisten: "Da werden klar Ängste missbraucht. Seit 1950 gab es in ganz Europa neun tödliche Angriffe von Wölfen auf Menschen." Und so sei das Beste, was man machen könnte, wenn einem einmal ein Wolf begegne: "Ruhe bewahren, nicht versuchen, das Tier zu berühren. Niemals füttern, im Zweifel lieber Lärm machen und sich langsam zurückziehen. Der Wolf ist dem Menschen gegenüber skeptisch eingestellt, er wird ihn nicht angreifen, zumindest nicht dann, wenn er gesund ist."

Zur Untermalung zeigte Birkhahn Videos von Begegnungen zwischen Wolf und Mensch. "Den Ton habe ich abgestellt, sonst wäre das nicht auszuhalten", sagte er zu einem Film, in dem ein Wolf eine Wiese überquerte, an deren Rand eine Joggerin vorbeilief. Ein Traktorfahrer war ebenfalls zugegen und filmte den Moment. Deutlich wurde: Der Wolf interessierte sich nicht für die Menschen - die Joggerin jedoch wurde von großer Angst geplagt und suchte Zuflucht im Traktor.

Auch NRW-Umweltminister Johannes Remmel war zu Gast und betonte zwei Dinge: "Zum einen freuen wir uns aus Gründen des Naturschutzes sehr über jede Art, die bei uns wieder heimisch wird." Die Artenvielfalt sei von großer Bedeutung. Andererseits sagte er auch, dass die Ansiedlung des Wolfes schon mit Schwierigkeiten verbunden sei. "Es ist eine Herausforderung und ein langsamer und intensiver Lernprozess."

(RP)
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