Ratingen Kneipen bald ohne Bundesliga?

Ratingen · Der Bezahlsender Sky hat die Gebühren nahezu verdoppelt: Talschlösschen und Meck kündigen die Verträge.

 Christian Pannes drückt den Ausschaltknopf an der Fernbedienung. Er wird wohl in der nächsten Saison Sky mit Bundesligafußball nicht mehr im Talschloss abonnieren.

Christian Pannes drückt den Ausschaltknopf an der Fernbedienung. Er wird wohl in der nächsten Saison Sky mit Bundesligafußball nicht mehr im Talschloss abonnieren.

Foto: achim blazy

Christian Pannes ist stinksauer und hält damit auch nicht hinter dem Berg: "Ein kleiner Gruß an die Verantwortlichen dieser Preiserhöhung. Möge Euch jeder einzelne Cent im Halse stecken bleiben", schimpft der Wirt der Kultkneipe Talschlösschen auf die Verantwortlichen des TV-Bezahlsenders Sky. Der überträgt bekanntlich mit allerlei technischem Schnickschnack unter anderem die Spiele der Fußball-Bundesliga. Nicht nur für Pannes ein einträgliches Geschäft. Wenn der Ball rollt, ist sein Laden voll. Doch damit ist jetzt wohl Schluss, so Pannes: "Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann ich nur noch von meinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen."

Ähnlich reagiert man auch anderswo, die Lintorfer Kultkneipe Meck will ebenfalls auf das so einträgliche Geschäft mit den Fußballspielen verzichten. Stein des Anstoßes ist ein Schreiben von Sky, das in der vergangenen Woche an alle Gastronomen ging, die den Bezahlsender abonniert haben. Das für die andere Konditionen gelten als für den Privathaushalt, ist nachvollziehbar. Aber jetzt dürfte sich der Sender ein Eigentor geschossen haben.

Darin wird mal eben eine Erhöhung angekündigt, die dafür sorgt, dass die Kosten für das Abo innerhalb eines Jahres auf nahezu das Doppelte steigen. Noch vor einem Jahr bezahlte Pannes 309 Euro netto monatlich. Dann kam die erste Erhöhung auf 488 Euro netto. "Die habe ich schon fassungslos hingenommen", erinnert sich der Talschlösschen-Chef. Doch dann kam der aktuelle Brief: "Das Schreiben mit der Ankündigung, den monatlichen Beitrag auf 713 Euro netto anzuheben, finde ich mal richtig dreist, unverschämt und völlig daneben. Wie um alles in der Welt kann man einen Beitrag innerhalb eines Jahres mehr als verdoppeln?"

Pannes hat dem Bezahlsender einen langen Brief geschrieben, den er auch an die Deutsche Fußball-Liga (DFL) geschickt hat, die ja die Übertragungsrechte vergibt - dass es eine Antwort gibt, ist eher zu bezweifeln. Sky begründet die Erhöhung unter anderem damit, dass das Sportangebot mit Übertragungen diverser ausländischer Ligen deutlich ausgeweitet worden sei. Für Pannes und seine Gastronomie-Kollegen ist das kein Argument: "Das will doch keiner sehen. Die Leute kommen wegen der Bundesliga." Stattdessen sieht Pannes die Gründe für die Erhöhung ganz woanders: "Ich bin einfach sprach- und fassungslos, mit welcher Dreistigkeit Gastronomen abgezockt werden und wie viel Engagement Sky aufbringt, um den Fußball kaputt zu kriegen." Dass der Fußball auch vom Gruppenerlebnis lebt, hat nicht zuletzt die Weltmeisterschaft wieder klar gemacht. Public Viewing macht halt wesentlich mehr Spaß, als alleine zuhause auf dem heimischen Sofa zu gucken. Diese Euphorie auf die Bundesliga in den Kneipen zu übertragen, bekommt nun einen herben Dämpfer.

Und das hat Pannes auch in seinem Schreiben an die DFL-Chefs Christian Seifert und Andreas Rettig klar gemacht: "Ich möchte sehr gerne weiter deutschen Fußball bei mir zeigen. Doch bei dem Preis mache ich mich als Geschäftsführer wohl noch strafbar, wenn ich einer solch gravierenden Mehrausgabe zustimme, weil sie schlicht nicht tragbar ist." Viele Menschen können sich ein eigenes Abo nicht leisten, sind auf die Übertragung der Spiele in einer Kneipe angewiesen: "Oder ist es das Ziel, den Fußball in Zukunft nur noch ausgewählten und zahlungskräftigen Zuschauern zu ermöglichen?", fragt Pannes.

Auf der Facebook-Seite von Pannes entlädt sich ein Sturm der Entrüstung. Knapp 400 Freunde haben bis gestern die Aktion "geliked" und teils markige Kommentare abgegeben. Sebastian Thiemann: "Ich komme trotzdem gern zu dir." Thomas Tanneberg: "Denen geht es nur um Abzocke." Lothar Hinzmann, ehemaliger SPD-Ratsherr, schlägt vor: "Beim Rauchverbot haben die Ratinger Wirte doch gemeinschaftlich gekämpft. Das wäre doch ein Grund, sich erneut, vielleicht sogar überregional, zusammenzuschließen. Wenn alle Wirte diese Knebelverträge kündigen, dann überlegen die sich das bestimmt nochmal." Marco Teege: "Ich würde als Gast fünf Euro monatlich dazu tun, wenn es noch 40 andere Gäste machen, ist der Drops doch gelutscht."

(RP)
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