Heiligenhaus/Shiraz Unterwegs im Land der Ayatollahs

Heiligenhaus/Shiraz · Béatrice Delassalle-Wischert reiste auf eigene Faust durch den Iran, um das Land und seine Leute kennenzulernen.

Jahrelang stand die islamische Republik Iran in der Kritik der Weltgemeinschaft. Ob es tatsächlich unter Präsident Hassan Rohani weltoffener ist, wie landesintern behauptet wird, wollte Béatrice Delassalle-Wischert wissen. "Um mir einen eigenen Eindruck zu bilden, reiste ich auf Eigeninitiative los." Obwohl Freunde und Verwandtschaft eher entsetzt über ihren Plan waren: "Das ist viel zu gefährlich" war noch eine der charmanteren Warnungen.

"Eine Nation im Aufbruch", lautet das Fazit nach der Rundreise. Ab Zielflughafen Shiraz ging es kreuz und quer Richtung Norden entlang klassischer Routen mit den Stationen Persepolis, Yazd, Isfahan, Natanz, Kashan und Teheran. "Kontakt mit der Bevölkerung entstand, wo immer man wollte." Wechselseitig riesig war das Interesse aneinander - nicht selten fotografierten Iraner die Touristin und umgekehrt.

Allerdings knipste man sich nicht bloß gegenseitig fürs Familienalbum, sondern kam miteinander ins Gespräch. "Ins Ausland zu reisen, ist schwierig", berichtete der Guide Alireza. Als Pfand müsse man etwas zurücklassen, was einem teuer sei, also ein eigenes Geschäft, ein Haus oder Frau und Kind. "Der 39-jährige Familienvater steht für den typischen Iraner: Zwei oder auch drei Jobs parallel zu haben, gehört dazu, um finanziell über die Runden zu kommen." Also ist er Reiseleiter und in der Nebensaison als Taxifahrer in Teheran unterwegs. Der Mann ist der Hauptverdiener, weshalb Frauen leichter Jobs finden - da sie im Vergleich schlechter bezahlt sind.

"Mich hat der Iran in seinen Bann gezogen", schwärmt die Globetrotterin über grandiose Kulturschätze wie Persepolis, Weltwunder der Antike, zoroastrische Grabstätten, einzigartige Moscheen sowie herrliche Paläste. Die Jugend sei stark am Austausch interessiert, Studenten der Uni Yazd, allesamt exzellent Englisch sprechend, träumen von Auslandssemestern in Europa. "Wer jedoch einen tieferen Blick auf die politische Situation im Lande werfen möchte, wird schnell an Grenzen stoßen", sagt Béatrice Delassalle-Wischert. Das zeigt bei der offenen Fragestunde im Bus bereits das Nachhaken, warum denn in iranischen Atlanten das Land Israel fehle und stattdessen Palästina eingetragen sei. Eine Frage, die für deutliches Unbehagen bei Reiseleiter Alireza sorgte.

"Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Zusammenhang, dass man auf unserer gesamten Reise um unsere Sicherheit stets sehr besorgt war." Neben besagtem Guide Alireza waren grundsätzlich zwei Busfahrer mit von der Partie, wovon der eine bei den über 1300 zurückgelegten Kilometern nicht einmal ans Steuer griff - "Anlass für reichlich Spekulation in unserer Reisegruppe."

Und auch mit einem Klischee in Sachen Dresscode räumt die Iranreisende auf. Gedeckte Farben und Schnitte in unförmigen Mustern, die möglichst keine Taille betonen? Das war gestern. "Denn was die moderne Iranerin trägt, sind hautenge Leggings, modische, figurbetonte Kurzmäntel und eine recht großzügige Interpretation des Schleiers", der keck in Form gebrachte Ponys à la Audrey Hepburn mit neckischen Locken gestattet.

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