Lokalsport Die nächste Wachablösung

Dormagen · Eine Woche nach dem 16:28-Debakel in Neuss verliert Handball-Drittligist TSV Bayer Dormagen auch das zweite Nachbarschaftsduell gegen den Longericher SC mit 21:25, freut sich aber über die Rekordkulisse von 1668 Zuschauern.

 Kein Durchkommen: Alexander Koke versucht sich vergeblich, gegen die Longericher Deckung um Benjamin Richter, Jimmy Hoffmann und Felix Janssen (v.l.) durchzusetzen - ein Bild, symbolisch für die letzten Spiele des TSV Bayer.

Kein Durchkommen: Alexander Koke versucht sich vergeblich, gegen die Longericher Deckung um Benjamin Richter, Jimmy Hoffmann und Felix Janssen (v.l.) durchzusetzen - ein Bild, symbolisch für die letzten Spiele des TSV Bayer.

Foto: Sebastian seidel

Ob das die Bayer AG so gewollt hat? Als ob es keine 16 Bundesliga-Jahre mit den Höhenflügen von zwei Europapokal-Teilnahmen gegeben hätte, sind die Handballer mit dem Kreuz auf der Trikotbrust wieder da angekommen, wo sie Anfang der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gestartet sind: auf Augenhöhe mit dem Longericher SC.

Die "Schlacht", die sich am Freitagabend zwischen dem TSV Bayer Dormagen und dem Longericher SC abspielte, erinnerte an jene denkwürdigen Auseinandersetzungen zu Zeiten von Jadranko Demirovic, Helmut Langen und Manfred Leufgen in der Regionalliga West. Mit zwei Ausnahmen: Damals war die "Schweinehalle" an der Konrad-Adenauer-Straße der Schauplatz - und in der hätten die 1668 Zuschauer (davon gut 400 aus Köln), die eine Rekordkulisse für die Dritte Liga West in dieser Saison bildeten, gar keinen Platz gefunden.

Dafür hatte damals meistens der TSV Bayer die Nase vorn. Doch eine Woche nach der 16:28-Schlappe beim Neusser HV verloren die Dormagener auch das nächste Nachbarschaftsduell und befinden sich nach dem 21:25 (Halbzeit 10:11) auf direktem Wege, ihre einstige handballerische Vormachtstellung auf der linken Rheinseite zwischen Mainz und der niederländischen Grenze endgültig einzubüßen.

Und das, so scheint es zumindest, auf Dauer. Denn mit einer solchen Angriffsleistung, wie sie die Bayer-Handballer in den vergangenen beiden Partien aufs Parkett brachten, dürfte es schwer werden, am Saisonende überhaupt unter den besten sechs Drittliga-Teams im Westen zu landen - von höheren Weihen gar nicht zu reden. 37 Tore zu erzielen, das schaffen andere Drittligisten spielend in 60 Minuten. Dass die verlorene "Handballschlacht um Mittelrhein" nicht in einem erneuten Debakel endete, lag allein daran, dass diesmal die Defensive leidlich funktionierte, auch wenn sie Longerichs quirligen Spielmacher Benjamin Richter auch nicht ansatzweise stoppen konnte - mit 12/5 Toren erzielte er im Alleingang mehr als halb so viele Treffer wie die gesamte Angreiferschar der Hausherren gemeinsam zustande brachte.

Die Dormagener dagegen - sie spielen statisch, ideen- und vor allem emotionslos. Und das hat viel damit zu tun, dass ausgerechnet der Mann sie in ihrer Entwicklung hemmt, der diese eigentlich vorantreiben sollte. Es ist kein Zufall, dass die Angriffslust lahmt, seit Alexander Koke nach seiner Bauchmuskelverletzung wieder vom Trainer zum Spieler (-Trainer) geworden ist. Zwei Zahlen machen dies deutlich: 29,3 Tore im Schnitt erzielte der TSV in den ersten acht Saisonspielen, 24,5 sind es in den sieben seither.

Nun trifft Koke sicher nicht die Alleinschuld. Doch seine sechs Fehlwürfe gegen einen zwar guten, aber keineswegs überragenden Valentin Inzenhofer im Gästegehäuse zeigen, dass der 37-Jährige seinen Zenit als Spieler überschritten hat. Koke weiß das, er übt laufend Selbstkritik - warum er sich trotzdem in die Anfangsformation stellt, bleibt sein Geheimnis. Personalnot kann es nicht sein, wenn der Spielmacher der Jugend-Nationalmannschaft 44 Minuten hinter der Bank schmort - die Einwechslung von Eloy Morante Maldonado brachte am Freitag wie in den Spielen zuvor wenigstens etwas Schwung und Elan in die lahmende Angriffsmaschinerie.

Das Fatale: Wenn Koke spielt, schieben ihm seine Nebenleute ständig die Verantwortung zu. Die zu übernehmen kann er aber nicht im Alleingang leisten, zumal, wenn er auch noch vom Spielfeld aus coachen soll. Womit wir wieder bei den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und der guten alten Regionalliga West wären: Jadranko Demirovic hat irgendwann eingesehen, dass er besser auf der Trainerbank aufgehoben ist. Damit begann der Dormagener Weg nach oben - er muss ja nicht gleich bis ins Europapokalfinale führen.

(NGZ)
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