Kreis Viersen Versteckte Blumen des Arbeitsmarktes

Kreis Viersen · Mit einer in NRW bislang einzigartigen Aktion macht sich die Agentur für Arbeit mit den Landtags- und Bundestagsabgeordneten des Kreises Viersen gemeinsam für Ausbildung stark. Unter dem Titel "Mehr Ausbildung im Kreis Viersen" gingen sie auf Ausbildungstour.

Unternehmen zu motivieren in Ausbildung zu investieren ist das Stichwort. Das haben sich die Agentur für Arbeit Krefeld und Kreis Viersen sowie die Grünen, CDU, SPD und FDP auf die Fahnen geschrieben. Allerdings auf eine etwas andere Art und Weise, als es bislang praktiziert wurde. Zusammen starten jetzt die Landtags- und Bundestagsabgeordneten des Kreises Viersen mit dem Arbeitsamt eine Bustour zu vier verschiedenen Unternehmen, die ausbilden bzw. ausbilden wollen, um die Wichtigkeit der Ausbildung zu verdeutlichen.

Die Idee zur gemeinsamen Tour stammt von der Grünen Landtagsabgeordneten Martina Maaßen. "Ich bin die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion. Uns ist es wichtig, Unternehmen noch mehr in Sachen Ausbildung zu sensibilisieren. Angebot und Nachfrage klaffen auseinander und das Problem Fachkräftemangel scheint noch nicht allen klar zu sein", so Maaßen. Ihr war es wichtig, ein Zeichen gemeinsam mit den Politikern der verschiedenen Fraktionen zu setzen.

Ingo Zielonkowsky, Leiter der Arbeitsagentur, organisierte die Fahrt, wobei "es nicht einfach war, wirklich alle Abgeordneten unter einen Hut zu bekommen", verriet er. Bei der Tour wurde schnell klar, dass Ausbildung möglich ist, wenn man nur will und selbst dann, wenn ein Unternehmen gerade frisch gegründet ist. So zeigt es der Fall von Daria Maren Derouaux. Die Hörgeräteakustikmeisterin eröffnete im April ihr Hörakustik-Fachgeschäft "oton" in Brüggen und sucht für August bereits einen Auszubildenden. "Ausbildung ist wichtig, denn wir brauchen Fachkräfte. Wir sind ein Wachstumsmarkt, nur wissen viele Jugendliche nicht, wie vielschichtig und interessant unser Beruf ist", sagte Derouaux. Zielonkowsky sprach in diesem Zusammenhang von versteckten Blumen des Arbeitsmarktes. "Allein 33 Prozent der Jugendlichen steuern die Top Five Berufe an. Dabei können wir im Kreis 200 verschiedene Ausbildungsberufe anbieten", hob der Arbeitsagenturleiter hervor.

Dass es nicht immer auf das Zeugnis ankommt, verdeutlichte Nicole Sanfilippo-Hoenen vom gleichnamigen Bäckereiunternehmen in Tönisberg. "Ich mache mir ein persönliches Bild eines Bewerbers. Das Zeugnis ist nicht allentscheidend", sagte sie. Sanfilippo-Hoenen machte aber auch auf Problematiken bei der Ausbildung aufmerksam. So würde das Unternehmen gerne im Bereich der Systemgastronomie ausbilden, weil dieses Beruffeld mehr beinhaltet als die bislang angebotene Ausbildung als Bäckereifachverkäufer und damit attraktiver ist. Ein entsprechender Antrag bei der IHK wurde allerdings abgelehnt, da "unser Betrieb das nicht hergeben würde", sagte Sanfilippo-Hoenen. Zielonkowsky verwies auf die Möglichkeit der Verbundausbildung hin, um das ganze Spektrum eines Berufes ausbilden zu können. "Man muss nur den dazu passenden Betrieb finden, wobei wir behilflich sind", sagte er.

Dass Unternehmen ausbilden möchten, aber dies teilweise nur schwer realisieren können, verdeutlichte Ernst August Rath vom Süchtelner Busunternehmen Rath. "Wir bilden den Bürokommunikationskaufmann und Kraftfahrzeugmechatroniker aus, würden aber auch gerne die Ausbildung zum Berufskraftfahrer anbieten. Allerdings kostet allein der Führerschein 8000 bis 9000 Euro. Kosten, die wir stemmen müssen, ohne zu wissen, ob der Auszubildende seine Lehre auch absolviert und uns erhalten bleibt", sagte Rath. Ein Problem, das die Landtagabgeordneten, von Maaßen über Dr. Marcus Optendrenk (CDU), Dietmar Brockes (FDP) und Dr. Stefan Berger (CDU) sowie die Bundestagsabgeordneten Uwe Schummer (CDU) und Udo Schiefner (SPD) mitnahmen. Es gilt zu überlegen, ob es in solchen Fällen Bezuschussungen möglich seien.

Dass Karriere mit einer Ausbildung, in diesem Fall als Elektroniker für Geräte und Systeme, möglich ist, zeigte das Willicher Unternehmen Lacroix Electronics. Michael Lennarzt, einst Azubi bei Lacroix Electronics und heute dort als staatlich geprüfter Techniker und Ausbildungsleiter tätig, berichtete von seinem erfolgreichen Werdegang, Startpunkt Ausbildung. Lacroix Geschäftsführer Pierre Ball machte im gleichen Atemzug klar, wie wichtig diese fachliche Kompetenz für die Zukunft eines Unternehmens ist. "Wir müssen den Jugendlichen verdeutlichen, dass man auch mit einer Ausbildung Karriere machen kann", sagte Dr. Berger und verwies damit auf den Trend des Abiturs und Studiums, der es dem Handwerk teilweise nicht leicht macht.

(tref)
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