Viersen Wie Viersen von 1928 bis 1939 Karneval feierte

Viersen · "Wie ging es weiter?" fragten viele, als das erste Buch von Dr. Günter Weinforth "Von den Anfängen bis 1928 - Karneval in Viersen" vergriffen war. Der heutige Ehrenpräsident des Festausschusses Viersener Karneval recherchierte also weiter, band alle Karnevalsgesellschaften mit ein, stöberte im Viersener Stadtarchiv mit großer Unterstützung durch dessen Leiter Marcus Ewers, befragte Bernd Henk, den Sohn des ersten Präsidenten der Großen Karnevalsgesellschaft Willi Henk - und erstellte so ein "Werk", wie Senatspräsident Frank Schiffers bei der Vorstellung des Buches "Karneval in Viersen von 1928 bis 1939" betonte.

 Dr. Günter Weinforth, Ehrenpräsident des Festausschusses Viersener Karneval

Dr. Günter Weinforth, Ehrenpräsident des Festausschusses Viersener Karneval

Foto: Busch

Denn das Buch wirkt schon durch seinen Goldschnitt edel, den Christoph Hölters beim Druck anwandte, um "das Papier vor der Vergilbung zu schützen". Ganz besonders hob Weinforth die Technik hervor, mit der Hans-Dieter Hoffmanns alte Zeitungsausschnitte lesbar machte. Er dankte beiden, aber auch den Sponsoren, vor allem den Geldinstituten, ohne die ein solches Werk nicht möglich gewesen oder aber viel zu teuer im Verkauf geworden wäre. Weinforth reicherte sein Buch mit vielen mundartlichen Beiträgen an wie dem "Viersener Büttenmarsch", den Josef Küppers und Karl Molls 1938 kreierten oder der Erläuterung des "Vierscher Wääschdaag" als Karnevalsmotto.

Zeitzeugen für den Karneval vor dem Kriege gibt es nicht mehr viele, als der Karneval noch in den Honschaften gefeiert wurde, wo es immer eine Gasstätte mit Saal gab. Doch an die Zwänge für die Karnevalisten unter den Nationalsozialisten erinnert sich noch mancher: So mussten Büttenreden vorher eingereicht werden, um eine "zotenfreie Narretei" zu garantieren. Die einzig noch vorhandene Organisation "Kraft durch Freude" war auch für den Karneval zuständig, sie zettelte sogar einen "Karnevalskrieg" zwischen Nopp und Hamm an - den die Karnevalisten allerdings nicht mitmachten. Karnevalszüge wurden zugelassen, aber Parteigenossen wurden aufgefordert, sich "mit Helm und Säbel am Zugrand" aufzustellen. Allerdings pilgerten die Viersener am Rosenmontag in die Nachbarstädte, vor allem nach Dülken. Das Alles fand am 1. September 1939 ein abruptes Ende, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. Damit kamen "alle karnevalistischen Tätigkeiten zum Erliegen", schreibt Weinforth im Epilog. Lediglich die Dülkener Narrenakademie versammelte sich am 11.11. 1939 noch einmal "zu nachtdunkelter Stunde", der Rector magnificus gebot, "in ernster Zeit den Humor zu pflegen sei eine edle Aufgabe." Die nächsten karnevalistischen Aktivitäten kamen erst lange nach dem Krieg, 1947, wieder in Schwung.

Das Buch "Karneval in Viersen von 1928 bis 1939" ist in einer Auflage von 400 Exemplaren erschienen und nur über den Festausschuss Viersener Karneval zum Preis von 39,90 Euro zu erhalten: Senatspräsident Frank Schiffers, Telefon 0157-86199880 oder Geschäftsführer Christof Schläger, Telefon 0160-54213222.

(flo)
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