Wesel Bewegende Feier für Ehrenbürger Kolman

Wesel · Wesel zeichnet in Sondersitzung des Rates den letzten noch lebenden ehemaligen jüdischen Bürger aus.

 Erinnerung und Versöhnung sind die Leistungen des Mannes, der 1939 nach England in Sicherheit gebracht werden konnte: Ernest Kolman (90).

Erinnerung und Versöhnung sind die Leistungen des Mannes, der 1939 nach England in Sicherheit gebracht werden konnte: Ernest Kolman (90).

Foto: Joosten

Ernest Kolman, als Ernst Kohlmann am 1. Juni 1926 in Wesel geboren, ist nun Ehrenbürger der Stadt. Am Samstag, in einer feierlichen, von Musikschülern umrahmtem Sondersitzung des Rates der Stadt mit zahlreichen Gästen verlieh Bürgermeisterin Ulrike Westkamp dem letzten noch lebenden ehemaligen jüdischen Bürger die höchste Auszeichnung der Hansestadt. Stehend hörten alle Anwesenden zu, als die Bürgermeisterin den Text der Urkunde verlas. Für Kolmans Verdienste um die stetige Erinnerung an die grausame Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten in Deutschland und Europa, besonders eindringlich am Schicksal Weseler Familien, auch seiner eigenen sowie die daraus erwachsene Versöhnung der heutigen Generation wird er geehrt.

Der weite, auch schwierige Weg begann 1988 - 50 Jahre nach der Pogromnacht - mit der Einladung ehemals jüdischer Bürger in die Stadt. Von beiden Seiten wurde er beharrlich weitergegangen (die RP berichtete kontinuierlich). Der energische Wortführer der Verständigung war und ist Ernest Kolman, der 1939 mit einem Kindertransport nach England in Sicherheit kam, dort seine Existenz aufbaute, seinen Namen anglisierte und die englische Staatsbürgerschaft erwarb, der aber nie seine Heimat und seine Muttersprache vergaß. Mehr als 30 Male kam er nach Deutschland, sprach vor Schülern und vorm Rat, blieb Mahner und wurde zum Freund. Alle politischen Parteien entschlossen sich am 13. April einstimmig, Kolman die höchste Auszeichnung der Stadt zu verleihen. Wolfgang Jung vom Jüdisch-christlichen Freundeskreis dankte der Bürgermeisterin und dem Stadtrat ausdrücklich für die Verleihung der Ehrenbürgerschaft.

Alles lebte auf in der menschlich bewegenden, von jedwedem politischen Getöse freien Rede der Bürgermeisterin sowie in Ernest Kolmans Dankesworten: "Ich teile diese Ehre mit meiner Familie und den anderen Betroffenen". In Günter Faßbender sei ihm 1988 der Mensch begegnet, der ihn einfach auf der rein menschlichen Ebene angesprochen habe und bald zum Freund wurde. Er verwies darauf, dass Jesus Christus ein Jude war und bat darauf seinen jüdischen Gott, uns Christen zu behüten.

Der emeritierte evangelische Pfarrer Helmut Butterweck erinnerte ans gemeinsame Mahl jüdischer Gäste und Weseler Bürger 1988 im Willibrordi-Dom und überreichte Kolman eine Bildcollage von der originalen und der brennenden Synagoge, dem Ehrenmal in Form des Davidsterns mit Menschen beim Lichtergang. Kolman und alle Anwesenden trugen sich ins Goldene Buch der Stadt ein. Ein unvergesslicher Tag! Und ein sehr wichtiger!

(RP)
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