Willich Glück, Geld, Bier: Neujahrsgrüße vor 100 Jahren

Willich · 2017 kommen die guten Wünsche fürs Neue Jahr als E-Mail oder in bewegten Bildern. Vor rund 100 Jahren war das anders: Da kamen hübsche Grußkar-ten per Post. Der Krefelder Hans Peter Wagner hat eine beachtliche Sammlung: Einige Impressionen.

 Ein galoppierendes Schwein und Kleeblätter waren 1930 die Glücksboten.

Ein galoppierendes Schwein und Kleeblätter waren 1930 die Glücksboten.

Foto: Scan

Den Jahreswechsel 1914/15 hat Erich Eidner in St. Johann/Basel verbracht. Er gehörte der 11. Kompanie der 58. Infanterie-Division an. Vielleicht war er verletzt. Denn hier, direkt an der Grenze zu Frankreich, war damals ein Spital des Johanniterordens. Über seine Gesundheit verrät er nichts auf seiner Grußkarte, die er per Feldpost an Friedrich Müller schickt. Er wünscht lediglich friedliche Weihnachten und Gesundheit. Und doch erzählt die Karte eine Geschichte von den Menschen im Ersten Weltkrieg. Frieden war der wichtigeste Wunsch - er findet sich auch gedruckt auf der Vorderseite der Postkarte, die einen Tannenzweig mit Zapfen und eine Schleife sowie einen Dekorrand in den deutschen Nationalfarben ziert. Und vermutlich brauchte es nicht viele Worte - ein Lebenszeichen von Angehörigen oder Freunden bedeutete alles.

Die Karte ist eine von hunderten, die der Krefelder Sammler Hans Peter Wagner zusammengetragen hat: Neujahrsgrüße von der Jahrhundertwende bis in die späten 1920er Jahre. In den meist kurzen, manchmal in Minischrift bis auf die Vorderseite geschriebenen Texten offenbart sich eine Kulturgeschichte: Die Motive und die Ausstattung der Postkarten ändern sich. Auf der mit zwei Pfennig frankierten Karten von 1904 schweben pausbäckige Engelchen im Schnee über einem Kirchturm. 1908 läuten die Kinderengel eine mit Goldpapier gestanzte Glocke.

 Dieser Glücksklee sollte ein gutes Omen für das Jahr 1911 werden.

Dieser Glücksklee sollte ein gutes Omen für das Jahr 1911 werden.

Foto: Scan

Gold und Glanz ziert fast jede Karte vor dem Ersten Weltkrieg. Lächelnde Kinder, anmutige Schwäne und Vögel oder fein gezeichnete Blumen bestimmen das Bild. Die Menschen wünschen sich Glück, gratulieren zum Jahreswechsel und schreiben "Prosit". Mit den Kriegsjahren werden die Farben auf den Vorderseiten gedeckter, die Wünschen heißen Segen und Frieden oder Gesundheit.

Aber mit den Jahren kommt auch die Lebenslust wieder auf die Neujahrspost: Ein feister Genießer mit Bier, Pfeife und Zigarre platzt fast aus seiner Uniform. Geldtürme und prall gefüllte Säckel werden als sinnbildliche Wünsche verschickt. Und auch die Mode von 1914 ist auf einer Karte ablesbar.

 Glück und offensichtlich Geld wünscht eine Großmutter ihrer Enkelin auf diese Weise anno 1913.

Glück und offensichtlich Geld wünscht eine Großmutter ihrer Enkelin auf diese Weise anno 1913.

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 Engel und üppiges Gold wurden am Neujahrstag 1908 in Gotha verschickt.

Engel und üppiges Gold wurden am Neujahrstag 1908 in Gotha verschickt.

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 1926 ging diese Karte von München nach Leipzig. Die Briefmarke zeigt Friedrich Schiller.

1926 ging diese Karte von München nach Leipzig. Die Briefmarke zeigt Friedrich Schiller.

Foto: Scan
 Mit Musik auf Töpfen, Trichter und Kannen läuteten die Jungen das Jahr 1910 ein.

Mit Musik auf Töpfen, Trichter und Kannen läuteten die Jungen das Jahr 1910 ein.

Foto: Scan
 Mit Bier und Tabak sollte das Jahr 1917 starten.

Mit Bier und Tabak sollte das Jahr 1917 starten.

Foto: Scan

In den 1920er Jahren kommen dann auch die ersten gestempelten Botschaften der Post mit auf die Grußkarte: "Fördere die Deutsche Nothilfe. Verwende Wohlfahrtsmarken". "Vergiss nicht Strasse und Hausnummer anzugeben".

(RP)
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