Xanten APX steht im Zeichen des Handwerks

Xanten · Nachdem am Donnerstag drei neue Handwerkerhäuser im Archäologischen Park mit Politikprominenz eröffnet worden sind, präsentieren sich noch bis Sonntag fast 40 historische Gewerke auf dem Gelände. Ausprobieren ist erwünscht.

 Schmied Simon Empt beantwortet die Fragen von Felix Otto aus Overath.

Schmied Simon Empt beantwortet die Fragen von Felix Otto aus Overath.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Sie bilden einen Meilenstein in der experimentellen Archäologie: Nach zehn Jahren des Forschens, des Experimentierens und Rekonstruierens wurden die drei neuen Handwerkerhäuser im Archäologischen Park Xanten (APX) am Donnerstag offiziell eröffnet. Der Staatssekretär für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW, Michael von der Mühlen, sprach von einem herausragenden Beispiel dafür, wie die Verbindung von Wissenschaft und Vermittlung funktionieren kann. Die LVR-Dezernentin für Kultur und Landschaftliche Kulturpflege, Milena Karabaic, nannte die Rekonstruktionsbauten ein gelungenes Modell, römische Antike unmittelbar erfahrbar zu machen.

Bislang prägten vor allem Tempel, Thermen und Theater das Bild von der römischen Stadt - doch erst die neuen Handwerkerhäuser des APX zeigen näher, wie die einfachen Menschen in der Antike gelebt haben. "Wir hatten drei Beweggründe, gerade die Handwerkerhäuser als Rekonstruktion zu errichten", bemerkte der Architekt und Bauleiter Peter Kienzle. "Der entscheidendste war, dass bis dahin das Leben und Arbeiten als großes Thema im APX nicht existent war", erklärte er. So ist etwa das erste Haus aufgrund von Funden eines antiken Weberschiffchens nach Vorbild einer römischen Weberei erbaut worden. Während der untere Bereich den Laden und die Werkstatt darstellt, sind im ersten Geschoss die Wohnräume sowie ein Ausstellungsbereich mit Beispielen römischer Handwerkskleidung sowie Stoffproben zu finden. "Dieser Rekonstruktionsbau zeigt nicht nur auf, was an archäologisch wissenschaftlichen Funden übriggeblieben ist, sondern ist auch eine sinnliche und handfeste Art zu lernen - wie die Römer gelebt haben, wie sie gearbeitet haben und was ihnen im Alltag zur Verfügung stand", sagte Staatssekretär von der Mühlen. "Damit bilden die Handwerkerhäuser einen wichtigen Punkt in der Vermittlung und veranschaulichen herausragend, wie die Verbindung von Wissenschaft und Vermittlung funktionieren kann", ergänzte er.

Ein weiterer Grund für den Bau der Handwerkerhäuser direkt gegenüber der römischen Herberge war, ein Gefühl für die Bebauungsdichte der Colonia Ulpia Traiana (CUT) zu vermitteln. "Die CUT war eine große Stadt mit dichter Bebauung. Wir versuchen zwar, etwa mit Bäumen, bestimmte Bauwerke nachzuahmen, doch die einstige Gebäudedichte ist heute nur schwer nachzuvollziehen", erläuterte Kienzle.

 Der Verein "Vigilia romana Vindriacum" (aus Windrich an der Mosel) experimentiert seit Jahren mit der antiken Weinbereitung. Hier zeigen die Mitglieder, wie die Amphoren früher transportiert worden sind.

Der Verein "Vigilia romana Vindriacum" (aus Windrich an der Mosel) experimentiert seit Jahren mit der antiken Weinbereitung. Hier zeigen die Mitglieder, wie die Amphoren früher transportiert worden sind.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Der dritte Grund war das Wagnis, in die experimentelle Archäologie einzutauchen. Entscheidend dabei war, sich die Bauweise einfacher Handwerker zu eigen zu machen, wie der Architekt verdeutlichte. "Es ging nicht darum, was die Römer damals schon technisch leisten konnten, sondern darum, was sich einfach Leute erlauben konnten. Und die mussten die Materialien nutzen, die ihnen der steinarme Niederrhein hergab", sagte Kienzle. Gebaut wurde daher mit zu Blöcken gestampften Lehm. Kienzle ergänzte: "Es war besonders spannend, die alten Handwerkstechniken wieder zu erlernen. Vieles wurde niemals dokumentiert, das wusste man damals einfach. Doch dieses Wissen ist bereits vor Jahrzehnten, teils vor Jahrhunderten verlorengegangen. Deshalb war es ein Weg des Ausprobierens und Experimentierens." Auch negative Erfahrungen gehörten zum Lernprozess. Etwa, dass Holzteile, die in den feuchten Lehm eingebracht werden, ebenfalls nicht zu trocken sein dürfen, um sich nicht mit Wasser vollzusaugen.

Und der Lernprozess ist mit Fertigstellung der Handwerkerhäuser noch immer nicht abgeschlossen. "Jetzt geht es erst richtig los. Nun können wir beobachten, wie die Häuser auf die Witterung, Alterung und ihren Gebrauch reagieren. Ob ihnen Feuchtigkeit etwas ausmacht oder wie sich die Temperafarben an den Wänden halten", erklärte der Parkleiter Dr. Martin Müller.

Eingebettet wurde die offizielle Eröffnung in ein großes Handwerkerfest. Noch bis Sonntag präsentieren sich über 100 Akteure aus 37 Handwerken im APX - ohne Strom und Maschinen. Ausprobieren ist erwünscht. Geöffnet ist von 10 bis 17 Uhr. Eintritt: Erwachsene neun Euro, Kinder unter 18 frei.

(beaw)
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